• Ecclesia semper reformanda

    jb. Die Formel „ecclesia semper reformanda“ stammt vermutlich von Jodocus van Lodenstein (1620–-1677), gibt aber inhaltlich ein Anliegen der Reformation wieder. Paul Tillich hält die permanente Kritik am Bestehenden und die Gewinnung einer profan fassbaren Gestalt der Gnade für das protestantische Prinzip, gesteht aber zu, dass es ohne eine vorhandene Gemeindebasis nicht geht.

    Dieser Ansatz Tillichs steht oft Pate, wenn heute in der Kirche Forderungen aufgestellt und in kirchliche Praxis umgesetzt werden sollen, die sowohl der Bibel wie der reformatorischen Theologie widersprechen. Hier wird unter dem „semper reformanda“ ein Programm verstanden, das letztlich auf eine Selbstsäkularisierung der Kirche hinausläuft.

    In der reformatorischen Sicht ist die Kirche der Ausgangspunkt (und Gegenstand) der Veränderung. Es geht dabei nicht um eine unendliche Reform, auch nicht um eine Reform der Reformation, vielmehr um eine reformatorische Reform. Das heisst dann: Immer wieder entschiedene Umkehr zum gekreuzigten und auferstandenen Herrn, zu seiner Verheissung und zu seinem Gebot. Es geht also weniger um Strukturveränderungen, vielmehr um geistliche Erneuerung.

    So wichtig es für die Kirche ist, sich Gedanken zu machen, wie sie das Evangelium in der Welt verkündigen und leben kann, so sehr geht es nicht um blosse Modernisierung oder gar um die Anpassung des Evangeliums oder des biblischen Gebots, weil es dem jeweils gerade modernen Menschen nicht mehr zumutbar ist. Wer sich mit dem Zeitgeist verheiratet, ist bald verwitwet.

    Die Reformation ist eine Sache Gottes; sie sollte nicht aus Angst (z. B. vor leeren Kirchenbänken), sondern von seiner Verheissung her geschehen bzw. erwartet werden. Sie sollte immer aus dem Motiv geschehen: Dein Reich komme. Dein Wille geschehe wie im Himmel, so auf Erden.
     

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