Bei den Mitteilungen hebt die Moderatorin eine 50er-Note hoch. Zu haben wären dafür 28 kg Kartoffeln, ein Drittel eines Designerregenschirms – oder aber eine Augenoperation in Angola, in der Klinik, welche die Kollekte und den Erlös des Basars erhalten wird. „Jetzt wämmer bätte.“ Im Anspiel bricht das Unverständnis der Frau für herabsetzende Worte ihres Mannes im Freundeskreis auf. Er entschuldigt sich, sie lehnt ab: „Die automatischen Entschuldigungen mag ich nicht mehr hören. Wie viele Chancen soll ich dir noch geben?“ Nach Rap und Liedern, Gebet und Sketch werden die Kinder in ihren Träff geleitet.
Pattsituationen in der Ehe
Sozialdiakon Andreas Müller ruft dazu auf, Kränkungen und Ärger fortwährend zu bewältigen. Auch wenn der Stolz im Weg steht: „Ergreife die Initiative, um die Beziehung in Ordnung zu bringen“. In seiner Predigt erwähnt er Pattsituationen in der Ehe – und den Wendepunkt, „wenn einer vom hohen Ross herabkommt und sagt: ‚Es tut mir leid‘.“ Vergebung ist kein Gefühl, sondern zuerst die Entscheidung, Selbstmitleid, Stolz, Rachegelüste und Groll, loszulassen. „Die andere Person freilassen – auch wenn sie sich nicht entschuldigt oder die Verletzung nicht erkennt.“ Cecuta liest vor, wie Corrie ten Boom Jahre nach der KZ-Haft mit ihrem Peiniger konfrontiert wurde, der um Verzeihung ersuchte. Müller: „Wir brauchen Gottes Kraft, um zu vergeben.“
Ins ruhige Stück der Band hinein spricht Cecuta ein Gebet, mit der Bitte an Gott, den Stolz wegzunehmen, damit wir Vergebung erbitten und gewähren können. Zwei Lieder folgen. „I schütt mis Härz bi dir us… du bisch dä, wo mi verstoht.“ Vor dem Unser Vater-Gebet lädt Monique Cecuta Gross und Klein an den Basar ein: Mittagessen, Gestricktes, Kinderkino, Töggeliturnier… Auf der Empore werden nach dem Gottesdienst zwei Gemeindeglieder bereit stehen für jene, die Gebet wünschen. Band und Sänger schliessen ab mit dem Lied: „Geh mit neuer Hoffnung, geh mit neuem Mut.“
Die Gemeinschaft über Jahre fördern
Der loGo!, jährlich 5-6 Mal gestaltet, wird von Leuten besucht, die sonst wenig zur Kirche kommen. In ‚normalen‘ Gottesdiensten mit 50-60 Besuchern gibt es Liederblöcke mit Piano/Gitarrenbegleitung; manchmal wirken Moderatoren oder Lektoren mit. Wenn Müller Neues versucht, denkt er auch an gelegentliche Besucher, welche Experimente und Überraschendes als Strapaze erleben könnten.
Die Kirchgemeinde Meisterschwanden-Fahrwangen bilden 2250 Reformierte, die in fünf Dörfern an der Grenze zum Freiamt und zum Kanton Luzern leben (auch Sarmenstorf, Tennwil, Bettwil). Die Entwicklung, die mit der ‚Aktion Nöis Läbe‘ vor 1990 einsetzte und sich über Jahre in mehr Hauskreisen und engagierten Mitgliedern zeigte, ist abgeflacht. Andreas Müller und Pfr. Philipp Nanz möchten neue Kreise ansprechen.
Alphalive- und Ehekurs
In den Dörfern geniesst die Kirche auch dank Nanz‘ überlegtem Wirken ein Wohlwollen, das dem Interesse an Alphalive- und Ehe-Kurs zuträglich ist. Doch Alteingesessene zu Glaubensschritten zu motivieren, ist nicht einfach, obschon sich manche der Kirche grundsätzlich verbunden fühlen. Alphalive-Besucher haben in folgenden Kursen mitgewirkt und ein weiterführender Beta-Kurs hatte 60 Teilnehmende, auch junge Erwachsene – ein spürbarer Beitrag zur Gemeindeentwicklung. Im Family-Life-Ehekurs, den Müller mit seiner Frau jährlich anbietet, werden die Paare wie im Restaurant verwöhnt; auch der sechste Kurs ist ausgebucht.
Zum aktuellen Jahresthema „Glaube am Montag“ erhalten Hauskreise Material und es fliesst in Predigtreihen ein. Die Teens treffen sich an Freitagabenden in der Zündschnur. Jugendarbeiter Jonas Marti lädt vier Mal im Jahr einen Gast zum Zündschnur Special ein. Nach dem Konf bietet die Kirchgemeinde holdON-Kleingruppen an.
Gutes Einvernehmen
Im Basarzelt vor dem Kirchgemeindehaus hilft Philipp Nanz seiner Frau Susi beim Verkauf ihrer Bienenwachskerzen. Daneben werden Kinderbücher angeboten – und auf einer Tafel erstmals Dienstleistungen wie Desserts und Hilfe bei Schreibarbeiten, ein Adventskranz, ein Bastel- und ein Handykurs. Die meisten Besucher bleiben kurz im geheizten Zelt, um sich dann im Saal zu setzen und nach dem Menü zum Tortenbuffet vorzustossen.
Philipp Nanz ist seit 21 Jahren Pfarrer in der Gemeinde am Hallwilersee. Zugenommen hat in dieser Zeit die Zahl freiwilliger Mitarbeitender (aktuell 140). Die Gottesdienste sind vielfältiger geworfen, sagt Nanz, doch „wir haben wenige Kinder am Sonntagmorgen“. Der Wechsel der Gottesdienstbesucher fordert den versierten Theologen anhaltend heraus. Dankbar ist er, dass in den 1990er Jahren der Bau eines Kirchgemeindehauses endlich gelang. Und für das gute Einvernehmen mit der Kirchenpflege, die Überlegungen für eine verstärkte Arbeit mit über 55-Jährigen unterstützt.
In den Dörfern spielen Vereine die erste Geige, während die Zahl Zürich-orientierter Einwohner zunimmt. Die Kirche sucht die Nähe: Einmal jährlich geht der loGo! an den Chäsplausch des Damenturnvereins in der Mehrzweckhalle. Am Jugendfest gestalten Reformierte und Katholiken gemeinsam einen Gottesdienst. Nanz: „Wir wollen als Kirche da präsent sein, wo Menschen des Dorfs sich treffen.“ Ökumenisch ist auch die Kinderwoche, seit über 20 Jahren der Hit zu Beginn der Sommerferien, der gegen 100 Kinder anzieht.