Zürcher Kirchenrat will grössere Gemeinden
Der übergemeindlichen Zusammenarbeit kommt künftig in der Zürcher Landeskirche künftig eine zentrale Bedeutung zu. Doch der Zürcher Kirchenrat will kleine Kirchgemeinden nicht bloss zur Kooperation motivieren, sondern zum Zusammenschluss bewegen. Sie sollen mit 5'000-7'000 Mitgliedern attraktiver sein und ein besseres Gemeinschaftserlebnis bieten. Die Kirchensynode berät Mitte September über das kontroverse Vorhaben.
In der Antwort auf ein Postulat des Weinländer Synodalen Kurt Stäheli schlägt der Zürcher Kirchenrat einen forschen Ton an. Weil die Reformierten wenige Kinder haben, kaum von Zuwanderung profitieren und im Jahr durchschnittlich 3'400 Mitglieder durch Austritt verlieren, sinkt ihr Anteil an der Kantonsbevölkerung unter ein Drittel. Dadurch "unterschreitet heute eine Anzahl Kirchgemeinden den Punkt, an dem sie noch über genügend Eigendynamik verfügen, um sich alleine weiter entwickeln zu können".
Zusammenschluss besser als Kooperation
Kurt Stäheli hatte in seinem Vorstoss 2010 die Kirchenleitung gefragt, wie kleine Gemeinden durch Förderung der Zusammenarbeit gestärkt werden könnten. Der Kirchenrat ist bestrebt, "für die Entfaltung lebendiger Gemeinden optimale Verhältnisse zu schaffen". Dazu fordert er nun, dass Gemeinden mit weniger als 5'000 Mitgliedern sich in den nächsten Jahren zu übergemeindlicher Zusammenarbeit bereit finden.
Solche Kooperation ist jedoch für den Kirchenrat weniger zukunftsträchtig als ein Zusammenschluss. Dieser habe" gegenüber komplizierten übergemeindlichen Vereinbarungen" den Vorteil schlankerer Lösungen und könne "dem Gemeindeleben direkt zugutekommen". Zusammenschlüsse sollen bis 2018 vorbereitet und beschlossen werden.
Der Kirchenrat, der diesen Prozess der Synode vorschlägt, will damit "Freiräume für zukunftsgerichtete Projekte" eröffnen; dabei sollen "Betroffene zu Beteiligten werden". Das Papier verweist auf die Reformvorhaben in der Stadt Zürich, wo der Bevölkerungsanteil der Reformierten unter ein Viertel sinkt. Dort wird erwogen, aus den 34 Quartiergemeinden 9-12 Grossgemeinden oder eine einzige Stadtkirchgemeinde Zürich zu schaffen.
Mehr für Kirchenmusik und soziale Dienste
Bisher entsprechen die meisten Kirchgemeindegrenzen jenen der politischen Gemeinden; dies behindert in der Sichtweise des Kirchenrats mittlerweile die Handlungsfähigkeit der Kirche in der mobilen Gesellschaft. Er gibt sich überzeugt, "dass das Anliegen des Gemeindeaufbaus nach einem ansprechenden, vielfältigen und vielgestaltigen Gemeindeleben stärker zu gewichten ist als das Erhalten des bisherigen territorialen Bestands". Durch Konzentration der Kräfte könne eine grosse Kirchgemeinde "im kirchenmusikalischen und diakonischen Bereich qualifizierte Stellen errichten sowie deutlicher und professioneller auf Erwartungen eingehen, als dies kleinen Kirchgemeinden möglich ist".
Für positive Gemeinschaftserlebnisse sorgen
Das Vorhaben würde das Ende der Einzelpfarrämter in Landgemeinden und eine Reduktion der Gottesdienste im Dorf bedeuten. In vielen Orten sind sie schwach besucht; anderseits sind 30 Gottesdienstbesucher in einer Gemeinde vor den Toren Zürichs mit 7000 Mitgliedern auch kein Gütezeichen. Für den Kirchenrat stehen nach der Milieustudie andere Erwägungen im Vordergrund: Eine kleine Gemeinde könne weniger auf unterschiedliche Lebenswelten eingehen; sie könne "nicht mehr allen allezeit alles anbieten".
Kirchenratspräsident Michel Müller, seit 2011 im Amt, sagte Radio DRS, man wolle "dort kürzen und konzentrieren, wo es viele Doppel- und Mehrspurigkeiten gibt". Ein gut besuchter Gottesdienst einer grösseren Gemeinde sei ein positiveres Gemeinschaftserlebnis als ein schwach besuchter Gottesdienst einer kleinen Gemeinde. Der Weinländer Synodale Alfred Vogel äusserte dagegen, die Leute wollten "in der Kirche, wo sie zu Hause sind, den Gottesdienst besuchen". Die Kirchensynode wird die Antwort des Kirchenrats, die in den Medien Wellen warf, am 18. September diskutieren.