Christus, die Hoffnung der Welt

Der Zürcher Oberländer Kirchentag, der vom 6. bis 9. Juli stattfand, stellte Jesus Christus als die Hoffnung der Welt vor. Zum zweitenmal nach 2018 durchgeführt, zog er insgesamt über 5000 Besucher an. Sie feierten das Heil, das Gott in die Welt gebracht hat, im Schmerz über die menschlichen Nöte und Abgründe. Christus, der Auferstandene, befreit aus Verzweiflung, gibt Boden und leitet uns zum Handeln an.


Die Akzente der vier Tage waren Ankommen, Reden, Machen und Feiern. Auf den Sternmarsch aus 14 Gemeinden der Region folgte der ökumenische Eröffnungsgottesdienst. Rita Famos, die in Uster wohnhafte Ratspräsidentin der EKS, Andreas Fuchs, Bischofsvikar von Chur, und der Freikirchen-Präsident Peter Schneeberger gestalteten die Liturgie gemeinsam. Hundert Frauen und Männern sangen auf der Bühne, begleitet vom Crescendo-Jugendsinfonieorchester.

Matthias Walder, reformierter Dekan in Hinwil, ging in seiner Predigt von den Versuchen aus, das Destruktive zu überwinden, «aus dem Bannkreis der Vergänglichkeit, des Todes und der Hoffnungslosigkeit auszubrechen». Dabei machten Menschen sich selbst «ohne Bedenken zu Retterfiguren». Doch in dieser «Optimierungsreligion» werde der Mensch selbst zu einem Entwicklungsprojekt, sagte Walder. «Weil wir unseren Ursprung in Gott vergessen und verworfen haben, werfen wir alle unsere Energie und Anbetung in Dinge, die in Flammen aufgehen, die zu Staub werden, die uns letztlich gefangen nehmen und verraten werden.»

Hoffnung befreit: Matthias Walder.

Gott verwandelt das Herz
Doch Gott hat in Christus gehandelt – am Herzen der Menschen. Laut Matthias Walder geht es um die «Befreiung der Menschen zu Töchtern und Söhnen Gottes, um eine radikale und umstürzende Erneuerung hin zur Hoffnung … Diese Erneuerung des Herzens ist hoffnungsvoll und demütigend zugleich. Denn der Mensch … hat diese Erneuerung aus Gott bitter nötig, sie ist Neuanfang und Ende zugleich, Ende des Eigensinns, der Selbstverherrlichung, der Gottlosigkeit.»  

Jesus Christus im Zentrum
Hoffnung beginnt und wächst im Kleinen: Christus erweist sich in unserem Alltag, wenn wir mit ihm unterwegs sind. Er belebt den Glauben, schenkt wunderbar Heilung von Gebrechen und führt Schritt um Schritt hin zur geistlichen Reife. Dies alles schilderte der deutsche Geigenbauer und Autor Martin Schleske in einem packenden, erfahrungsgesättigten Vortrag. Die Stunde in der Eishalle war ein Höhepunkt des Kirchentags.

In einem weiteren Vortrag zeichnete der Baumer Pfarrer Willi Honegger den Bogen der Hoffnung, der die Bibel überspannt, in 80 Minuten.

Ökumenisches Miteinander: Rita Famos wirkte im Gottesdienst mit.

Johannes Huber, Pfarrer in Gossau, nahm die Hörer mit auf den Weg, den Jesus von Nazareth ging. Der ökumenische Abschlussgottesdienst mit 1800 Teilnehmenden führte auf den Weg nach Emmaus, wo zwei enttäuschte Jesus-Anhänger vom Auferstandenen aufgerichtet wurden.

Grosser Einsatz von Freiwilligen
Der Kirchentag 2023 wurde vom Verein Aktion Kirchen Züri Oberland (AKZO) organisiert. Ihm gehören über 40 reformierte, katholische und freikirchliche Gemeinden an. Möglich wurde der Grossanlass durch Spenden, kirchliche Beiträge und grosszügige Sponsoren und den Einsatz von 260 Helferinnen und Helfern. Die zweite Ausgabe zeigte laut AKZO-Präsident Daniel Stoller-Schai, dass er «für die Christinnen und Christen im Zürcher Oberland zu einem wichtigen Treffpunkt wird, wo man sich trifft, austauscht, miteinander feiert und diskutiert und sich auf die gemeinsamen christlichen Werte besinnt».

Gefühlvoll: Adams Wedding auf der kleinen Bühne.

Gebet und konkrete Hoffnung
Der Kirchentag wurde von Beterinnen begleitet. Er verlief bei mässiger Sommerhitze ohne Zwischenfälle. An verschiedenen Stationen konnte Gebet in Anspruch genommen werden. Die Veranstaltungen gingen in der Eishalle und auf einer Bühne nebenan, in der Kantonsschule und in mehreren Kirchen Wetzikons über die Bühne. Neben den gehaltvollen Vorträgen gab es Tagzeitengebete, am Samstag einen Marktplatz mit 49 Ständen und einen Weg am nahen Wildbach mit sieben Kunstwerken zum 23. Psalm.

Podien zur Hoffnung am Lebensende, in Politik, Wirtschaft und Ökologie fanden ein kleineres, interessiertes Publikum. Im zweiten Podium kritisierte der Publizist Giuseppe Gracia den aktuellen Moralismus. «Wenn ich Hoffnung von der Politik erwarte, erwarte ich zu viel.» Politiker sollten nüchtern Interessen ausgleichen, sie seien keine Heilsbringer. Gegenüber grossen Visionen sei Misstrauen am Platz. Der langjährige Walder Gemeindepräsident Ernst Kocher legte dar, wie vor Ort das Gemeinwohl gefördert, «dem guten Zustand bei uns» Sorge getragen wird. «Wir wissen Errungenschaften nicht mehr zu schätzen.»

Stiftet Politik Hoffnung? Ladina Spiess befragte Ernst Kocher, Christina aus der Au, Marionna Schlatter und Giuseppe Gracia.

«Yes, we can»?
Die grüne Nationalrätin Marionna Schlatter zitierte Barack Obamas «Yes, we can». Es gehe darum, Zuversicht auszustrahlen, «dass wir Probleme lösen können». Und Hoffnung zu geben, dass Corona vorbeigeht. Vertrauen in die Institutionen zu schaffen. Diese «pseudopriesterliche Sprache» fand Gracia schrecklich. «Das hat mit Zuversicht nichts zu tun.»

Die Thurgauer Kirchenratspräsidentin Christina aus der Au lobte ernsthafte Schaffer und befand, die Politik sei zuständig für die Hoffnung auf ein gutes Leben in Gemeinschaft. Im Kern gebe nicht die Kirche Hoffnung, «sondern Christus, der mich trägt». Kirche sei aber wichtig «als Gemeinschaft, die sich trotz allem zusammenrauft». Giuseppe Gracia meinte: «Die Kirche hat sehr viel Einfluss, wenn sie sich als Volk Gottes versteht.»

Breite Palette
Das Spektrum der Konzerte reichte von einer Orgelnacht mit fünf Kurzprogrammen über Andrew Bond, Country, Brass und Jazz bis zu den international bekannten O’Bros. Über 2000 meist junge Besucher füllten die Eishalle, um die Hiphopper zu hören.

Seit dem ersten Kirchentag 2018 führt ein Team des Vereins mehrmals im Jahr regionale Jugendgottesdienste durch. Für diesen rockigen «Brighter»-Gottesdienst stürmten einige hundert Teenies in die Halle.

Orgelnacht in der reformierten Kirche.

An einem Liederabend des Singkreises Bäretswil-Bauma erzählten Peter und Cornelia Flückiger, wie sie aus der Schweizer Komfortzone nach Guinea aufbrachen, um dort Hoffnung zu stiften.

Wie Hoffnung in die Welt tragen?
Der Missionstheologe Bernhard Ott begann seinen Vortrag mit Sätzen von Emil Brunner: «Was der Sauerstoff für die Lunge, das bedeutet die Hoffnung für die menschliche Existenz. Nimm den Sauerstoff weg, so tritt der Tod durch Ersticken ein. Nimm die Hoffnung weg, so kommt die Atemnot über den Menschen, die Verzweiflung heisst, die Lähmung der seelisch-geistigen Spannkraft durch ein Gefühl der Nichtgkeit, der Sinnlosigkeit des Lebens.»

1953, zu Beginn des Kalten Krieges, schrieb der Zürcher Theologieprofessor Brunner: «Der Vorrat an Sauerstoff entscheidet über das Schicksal der Organismen, der Vorrat an Hoffnung entscheidet über das Schicksal der Menschheit. Es bedarf wohl keines Beweises, dass die heutige westliche Menschheit, zum mindesten die europäische, in eine Phase akuter Atemnot infolge von Hoffnungsschwund eingetreten ist. Das spürt, mehr oder weniger, ein jeder, und wer es nicht spüren sollte, dem beweist es die zeitgenössische Literatur und Philosophie.»

Hoffen, wenn andere verzweifeln: Bernhard Ott brachte Stimmen aus Katastrophengebieten.

Packend schilderte Bernhard Ott, wie Christen für Kriegsgebiete (Balkan, Syrien, Ukraine) Hoffnung bewahren und nicht auswandern, sondern ihr Leben für ihre Landsleute einsetzen. Ein arabischer Christ sagt: «Ich schöpfe meine Hoffnung aus dem Wissen, dass Jesus wiederkommen wird, und aus der Gewissheit, dass das Gute schliesslich über das Böse siegen wird.»

Website des Oberländer Kirchentags mit Vorträgen und Bildern