«In Christus bleiben – weil er in mir bleibt»
Christlicher Glaube ist Christusglaube, nicht allgemeine Religiosität. Dies hält Pfr. Ruedi Reich in seinem zeugnishaften Beitrag zum neuen TVZ-Buch «Was der Mensch braucht» fest. Reich ist wegen einer schweren Krankheit auf Ende Jahr als Zürcher Kirchenratspräsident zurückgetreten.
Als Bibelwort, das für sein Leben wegleitend wurde, nennt Ruedi Reich Apostelgeschichte 16,31: „Glaube an den Herrn Jesum Christum, so wirst du und dein Haus selig.“ Den Satz schrieb die Mutter vorn in die Zürcher Bibel, die sie ihrem Ruedi zum zehnten Geburtstag schenkte.
Das Widmungswort habe ihn sein Leben lang begleitet, schreibt der Pfarrer. „Bis heute ist für mich Theologie zentral Christologie: Die Botschaft von der Menschwerdung Gottes in Jesus Christus. Je mehr ich mich damit auseinandersetzte, desto offener und freier wurde mein Glauben, Denken und Handeln. Weil ich um diese Mitte weiss, schätze ich die Bibel in ihrer Vielfalt, ja, scheinbaren Widersprüchlichkeit.“ Gerade bei Schicksalsschlägen habe ihn das Wort auf Christus gewiesen, „der nicht verspricht, alle Lebensrätsel zu lösen, sondern uns zusagt, sie mit uns zu teilen und auch in den dunklen Stunden des Lebens bei uns zu bleiben“.
Auf Christus hören – Christus gehören
Was der Mensch braucht, ist Jesus Christus als die Mitte des Lebens. Mit diesem Bekenntnis markiert Ruedi Reich reformiertes Selbstbewusstsein in der postmodernen, pluralistischen Gesellschaft, deren Spektrum im TVZ-Buch zum Ausdruck kommt. Der erfahrene Pfarrer, seit 1983 Zürcher Kirchenrat und seit 1993 dessen Präsident, unterstreicht das personale Glaubensverständnis: „Das Hören auf Christus macht mich ihm zugehörig.“ Dieser personal verstandene Christusglaube habe ihn vor einem wörtlichen Bibelverständnis und der dogmatischen Fixierung des unverfügbaren Gottes bewahrt. „In Christus bleiben – und dies darum, weil er in mir bleibt – das ist die Mitte meines Glaubens. Das ist es, was ich in meinem Leben erfahren habe, und was ich für mein Leben weiterhin hoffe. Das bewegt, ermutigt, tröstet und erfreut mich.“
Priorität Verkündigung
Im zweiten Teil seines Beitrags stellt Ruedi Reich mit einem Wort von Matthias Claudius das humane Potenzial des Evangeliums heraus und streift kirchliche Tätigkeitsfelder. „In Christus kommt Gottes Menschlichkeit auf uns zu. Darum sind wir als Christen der Menschlichkeit verpflichtet.“ Die Hauptaufgabe der Kirche sei „nicht allgemeine Sozialarbeit, sondern die Christusverkündigung, aus der dann auch das soziale Engagement kommt.“
Reich formuliert: „Die Vielfalt und Lebendigkeit Christi spiegelt sich im unterschiedlichen liturgischen Handeln der Kirche, im unterschiedlichen theologischen Denken, in unterschiedlichen kirchlichen Strukturen und auch im unterschiedlichen sozialen, gesellschaftlichen und politischen Engagement der Kirchen. Aber all dies muss durchsichtig bleiben auf Christus hin, soll von ihm geprägt und belebt sein.“