Rita Famos an die Spitze der Reformierten gewählt
Die Synodalen der Evangelisch-reformierten Kirche Schweiz haben am 2. November Pfarrerin Rita Famos zu ihrer Präsidentin gewählt. Im E-Voting erhielt Famos 47 Stimmen, Pfarrerin Isabelle Graesslé aus der Waadt 25 Stimmen. Als Ratsmitglied wurde die Berner Methodistin Claudia Haslebacher gewählt. Evelyn Borer wird in den nächsten zwei Jahren die Synode präsidieren. Die Synode billigte die Fusion der Hilfswerke HEKS und Brot für alle.
Rita Famos, Leiterin der Abteilung Spezialseelsorge der Zürcher Landeskirche, und Isabelle Graesslé hatten sich den Synodalen in regionalen Hearings vorgestellt. In der virtuellen Synode am 2. November zeichnete sich die Wahl von Famos bereits in den Voten ab: Für die gebürtige Elsässerin Isabelle Graesslé, die dreissig Jahre in der Romandie arbeitete, die Genfer Compagnie des Pasteurs moderierte und das Genfer Reformationsmuseum leitete, warben zwei Vaudois.
Marie-Claude Ischer, Präsidentin des Synodalrats der Waadt, lobte die analytischen Fähigkeiten von Graesslé, die die welsche und deutschsprachige Schweiz kenne, einen starken Glauben und Mut habe. Sie verstehe den Wandel des Protestantismus im säkularen Europa und könne die Kirchen der EKS «zusammenbringen, unter Wahrung unserer Vielfalt». Laurent Zumstein brachte den Wunsch der Romands zum Ausdruck, nach 35 Jahren das Präsidium zu stellen.
Deutschschweizer für Rita Ramos
Synodale aus der Deutschschweiz hoben dagegen die Qualitäten von Rita Famos hervor. Barbara Hirsbrunner lobte ihre Gestaltungskraft, Miriam Neubert ihre Fähigkeit, mit Vielstimmigkeit umzugehen. Famos betone nicht die Gräben, sondern knüpfe an Gemeinsamkeiten an. Sie habe Exekutiverfahrung, unterstrich Christoph Weber Berg, bewege sich «souverän auf dem kirchenpolitischen Parkett» und bringe vielfältige Erfahrungen mit, die zur Förderung der Kirchengemeinschaft dienten.
Diplomatisches Geschick und Hartnäckigkeit habe Rita Famos in der Schweizer Arbeitsgemeinschaft der Christlichen Kirchen (AGCK) an den Tag gelegt, sagte Lukas Kundert. Sie habe sich da für eine erneuerte Taufanerkennung eingesetzt und vertrete eine «geerdete Theologie». Er traue Famos zu, die EKS «aus der zugespitzten Krise zu führen».
Kurz vor zwölf Uhr gaben die Synodalen virtuell ihre Stimme ab. Rita Famos erhielt 47 Stimmen, Isabelle Graesslé 25; sechs Synodale enthielten sich.Nach den Gratulationen des Präsidenten sprach Rita Famos vom Haus der EKS am Sulgenauweg in Bern und dankte für das Vertrauen. Sie spüre viel Dynamik und werde die Ärmel aufkrempeln. Corona fordere das Land heraus. «Lasst uns zusammenstehen und im Vertrauen auf Gottes kreative Geistkraft unseren Teil beitragen, dass unsere Gesellschaft in dieser Krise bestehen kann.»
Methodistin in den Rat gewählt
Die Herbstsynode der Evangelisch-reformierten Kirche Schweiz EKS musste corona-bedingt virtuell als Zoom-Meeting durchgeführt werden. Von zweieinhalb Tagen auf wenige Stunden «drastisch verkürzt», wie Präsident Pierre de Salis eingangs bemerkte, wurde sie aus der bernexpo übertragen. Der vorgesehene Gottesdienst fand nicht statt.
Aufgrund des Rücktritts von Sabine Brändlin war ein zweiter Ratssitz zu besetzen. Die Berner Methodistenpfarrerin Claudia Haslebacher, Distriktsvorsteherin während zehn Jahren, den Synodalen bestens bekannt, da sie als AV-Präsidentin die Beratungen zur neuen Verfassung der EKS leitete, wurde mit 71 Stimmen gewählt.
Neues Synodepräsidium
Für die Amtszeit 2021-22 war zudem das gesamte dreiköpfige Büro der EKS-Synode neu zu bestellen, da die vorgesehene Vizepräsidentin Barbara Damaschke-Bösch und der zweite Vize Heinz Fischer aufgrund von Überlastung verzichtet hatten. Evelyn Borer, Präsidentin der Kirchgemeinde Dornach und seit 2019 der Solothurner Kantonalkirche, während zehn Jahren Kantonsrätin, wurde mit 75 Stimmen gewählt.
Als Vize wählten die Synodalen Catherine Berger, Rechtsanwältin aus Rheinfelden (AG) und seit sechs Jahren Aargauer Kirchenrätin, mit 71 Stimmen und den Neuenburger Synodalratspräsidenten Pfr. Christian Miaz mit 75 Stimmen. Mit diesen Wahlen stellen Frauen sowohl im Rat der EKS wie in der Leitung ihrer Synode die Mehrheit.
Unterwegs zu einem reformierten Hilfswerk
Am Nachmittag verhandelte die Synode die Fusion der Hilfswerke HEKS und Brot für alle auf Anfang 2022. Daniel Reuter vom Rat EKS verwies auf die beschränkten Einflussmöglichkeiten der Kirchen. Die Werksvertreter Jeanne Pestalozzi und Walter Schmid legten dar, wie auf die im Juni beschlossenen Begehren der Kirchen eingegangen worden sei. Zur kirchlichen Identität des neuen Werks werde es eigens ein Projekt geben.
Von den Synodalen der Mitgliedkirchen kamen Dank und Lob und gute Wünsche. Zu reden gab noch die Rolle des Rates EKS bei der Nomination von Stiftungsräten. Die vier Anträge wurden mit vereinzelten Gegenstimmen angenommen; das Vorhaben passierte in der Schlussabstimmung mit 72 Ja und zwei Nein, bei einer Enthaltung.
Nur noch eine Genfer Kirche in der Schweizer Gemeinschaft
Die Synode nahm den Austritt der Eglise évangélique libre de Genève aus der EKS zur Kenntnis. Die EELG strebt stattdessen einen assoziierten Status an. Ihre Vertreter konstatierten theologische Differenzen über die Jahrzehnte. Die EELG wolle weiterhin mit der Eglise protestante de Genève zusammenarbeiten. Der Präsident der aus sieben Gemeinden bestehenden EELG distanzierte sich davon, dass die Schweizer Reformierten sich an die gesellschaftliche Entwicklung anpassen. «Wir glauben, dass die Bibel das Wort Gottes ist, und wollen nicht, dass die Kirche die öffentliche Meinung widerspiegelt.» Die Kirche lebe davon, dass sie sich am Wort Gottes orientiere. Das Ja zur Ehe für alle habe den Graben vertieft.
Auf Sparkurs
Das Budget 2021 wurde von EKS-Vizepräsidentin Esther Gaillard erläutert. Es sieht um zwei Prozent ermässigte Beiträge der Mitgliedkirchen vor, aufgrund der Rückmeldungen vor einem Jahr. Guy Liagre hielt namens der GPK fest, dass fünf Mitgliedkirchen 80 Prozent der Mittel beitragen. Roland Stark von der Berner Kirche empfahl Zustimmung. Sie erfolgte mit wenigen Gegenstimmen. Mit 56 Stimmen ging auch der von Lukas Kundert eingebrachte Antrag durch, den Beitragsschlüssel für die Basler Kirche dem bereits 2019 auf 50'000 Franken plafonierten Jahresbeitrag anzupassen.
Das Finanzreglement der Kirchengemeinschaft wie auch der Finanzplan der EKS für 2022-2025 waren am Vormittag von den Traktanden abgesetzt worden. Mit einer klaren Mehrheit von 55 Stimmen beauftragten die Synodalen am Nachmittag den Rat, das Finanzreglement der EKS den Mitgliedkirchen in einer dreimonatigen Vernehmlassung zur Stellungnahme vorzulegen, bevor es an der Sommersynode 2021 behandelt wird.
Bild Rita Famos am Sitz der EKS: EKS/Nadja Rauscher