Präsidentin für die Berner Reformierten

Die Synodalen wählten am 18. August die Berner Pfarrerin Judith Pörksen Roder zur Präsidentin des Synodalrats. Sie erhielt 108 Stimmen, ihr Konkurrent, der Bieler SP-Politiker Cédric Némitz, 70 Stimmen. Die Synode, wegen der Pandemie in die bernexpo verlegt, befasste sich zudem mit den Finanzperspektiven und mit dem Amtsverständnis. Sie beschloss den Wiedereintritt in den Verein Reformierte Medien.


Die Sprecherin der Fraktion der Unabhängigen, die Judith Pörksen Roder vorstellte, hob ihre Qualitäten als «Brückenbauerin zwischen alt und jung, links und rechts, Stadt und Land» hervor. Die Probleme der Landbevölkerung seien ernstzunehmen. Pörksen könne zuhören; sie sei belastbar, fröhlich, tolerant und tiefgläubig. Sie sei nicht parteigebunden, habe keine Berührungsängste und sei eine Teamplayerin. Als Frau vertrete sie die Mehrheit der Kirchenmitglieder und der freiwilligen Mitarbeitenden.

Judith Pörksen, 56, stammt aus Flensburg. Sie studierte Theologie in Tübingen, Berlin und Bern und wurde 1992 in der Berner Kirche ordiniert. Die Doppelbürgerin ist verheiratet mit Hans Martin Roder, Pfarrer in Bern-Bethlehem, und zweifache Mutter.Von 1994 bis 2008 war Judith Pörksen Roder Pfarrerin in Bern-Bümpliz (Schwerpunkte Jugendliche und Familien); darauf leitete sie in der Gesamtkirchgemeinde Bern die Fachstelle Gemeindeleben. Seit April 2019 Synodalrätin der grössten reformierten Kirche des Landes, steht sie dem Departement Gemeindedienste und Bildung vor.

Mitbewerber aus Biel
Zur Wahl stand auch der Bernjurassier Cédric Némitz, 52, seit 2013 Mitglied der Bieler Stadtregierung und seit 2018 Vizepräsident der kantonalen SP. Némitz war Pfarrer, bevor er in den Journalismus wechselte. 2004-2012 gehörte er der Berner Synode an und präsidierte sie während zwei Jahren. Némitz lebt in eingetragener Partnerschaft. Der Sprecher der Gruppe Offene Synode (GOS), die Némitz portierte, lobte dessen Gewandtheit und starke Vernetzung im Kanton.

Cédric Némitz


Er kenne die Kirchen der Romandie und habe als Journalist und Politiker auch eine Aussensicht auf die Kirche. Némitz’ Beziehungen, Erfahrungen und Fähigkeiten könnten für sie in künftigen Verhandlungen mit dem Kanton entscheidend sein. «Wir brauchen Cédrics Rucksack.»

Mehrere Fraktionen konnten sich nach einem Hearing mit den beiden Kandidaten nicht eindeutig für einen von ihnen aussprechen. Mehrere Synodale warben für Némitz, mit Verweis auf sein Beziehungsnetz im Kanton. Sr. Lydia Schranz von der Positiven Fraktion hob hervor, Judith Pörksen Roder habe die Fähigkeit, «mit allen Kirchenleuten gleich auf Augenhöhe zu reden». Der Gstaader Pfarrer Bruno Bader empfahl sie, da die Randregionen in Bern zu wenig Gehör fänden.

Auch in der Dürre Früchte tragen
Die Wahl fiel deutlich aus. Synodepräsident Jean-Marc Schmid dankte dem Kollegen aus dem Berner Jura und gratulierte der Neugewählten. Judith Pörksen Roder nahm die Wahl an und dankte zuerst allen, die sich für die Kirche engagieren. «Ich weiss, dass es jeden einzelnen von uns braucht. Die Charismen jeder einzelnen Person sind der wahre Schatz unserer Kirche.»

Die Theologin nahm das Bibelwort «Wer unter euch gross sein will, sei euer Diener» auf, das die Liberalen in der Morgenbesinnung genannt hatten. Sie gehe ans Werk mit der Hoffnung, dass jeder und die Kirche als ganze gesegnet sei, nach dem Bild Jeremias vom Baum, der auch in der Dürre Früchte trägt.

Judith Pörksen Roder tritt am 1. Oktober an die Stelle von Pfr. Andreas Zeller, der nach 13 Jahren im Amt in Pension geht. Zeller wurde am Nachmittag mit langem Applaus verabschiedet. In seinem Rückblick erwähnte er unter den Stationen in seiner Amtszeit den Bau des Hauses der Kirche, die Einführung des Mitarbeiter-Magazins ENSEMBLE und das Reformationsjubiläum von 2017.

Verdüsterte Finanzperspektiven
Die Synode genehmigte die Jahresrechnung 2019, die mit einem Ertragsüberschuss von rund 3,6 Millionen Franken abschliesst. Der zuständige Synodalrat Roland Stach legte die längerfristischen Finanzperspektiven ausführlich dar und verwies dabei auf diverse Unsicherheiten. Gewiss sind Mehrausgaben in Millionenhöhe nach der Übernahme der Pfarrdienstverhältnisse. 2024 wird der Grosse Rat die kantonalen Beiträge für die gesamtgesellschaftlichen Leistungen der Kirche in der Periode 2026-31 beschliessen.

Der Synodalrat hat daher eine Finanzstrategie erarbeitet. Ein Bilanzüberschuss von rund 15 Millionen Franken soll aufgebaut werden. Zudem gilt es laut Stach, inhaltliche Prioritäten zu setzen, um den Finanzhaushalt künftig ausgeglichen zu gestalten. Die Synode nahm die Finanzstrategie zur Kenntnis. 

Ein Leitbild für die Ämter
Am 19. August, dem zweiten Tag der Sommersession,
gab das neue Leitbild für die drei Ämter (Pfarramt, Sozialdiakonie, Katechetik) zu reden. Der Synodalrat schlug der Synode anstelle eines Leitbildes pro Amt ein einziges Leitbild für alle drei Ämter vor. Die GPK beantragte, den Entwurf (Ergebnis eines längeren, breitangelegten Prozesses) zurückzuweisen. Nach längerer Diskussion stimmten die Synodalen dem Leitbild mit Änderungen, welche die Fraktion der Unabhängigen eingebracht hatte, zu.

Beschlossen wurde zudem der Wiedereintritt in den Verein Reformierte Medien. Der Synodalrat hatte im September 2017 den Austritt beschlossen.

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