Orte für spirituelle Sucher gestalten
Nach der Säkularisierung verstehen sich immer mehr Menschen als spirituelle Sucher. Englische Christen versuchen ihnen mit neuen Formen von Kirche zu begegnen. Sie waren Thema an der fresh-expressions-Tagung in Zürich.
Der Londoner Ian Mobsby skizzierte am 2. November an der zweiten Tagung "fresh expressions of Church" in Zürich die Herausforderung: Es gilt im grossen Umbruch zur post-säkularen Kultur den Auftrag von Christus zu erfüllen und Kirche zu gestalten. Der zunehmende spirituelle Hunger fragt kaum nach Kirche. Mobsby stellte den Identitätsverlust in der konsumfixierten Gesellschaft heraus: "Viele haben keine Ahnung, wer sie sind - und sie sehnen sich nach mehr Leben". Darauf richteten sich ihre Fragen, nicht auf Glaubenswahrheiten.
Jenseits der Ratio
Der Gründer und Leiter der Gemeinschaft Moot betonte, dass postmoderne Menschen statt auf rationales Wissen auf Erfahrung und Ganzheitlichkeit, Intuition und künstlerisches Gestalten setzen. Diese "trans-rationale" Haltung gelte es auf spirituellen Wegen und im Darlegen des Glaubens ernst zu nehmen. "Menschen streben nach Wohlergehen, Persönlichkeitsentwicklung und Stressabbau. Sie sehen sich als spirituelle Sucher, nicht als religiöse Nachfolger".
Manche Sucher wünschen, so die Erfahrung des Londoners, Kontakt mit Christen, um ihre spirituelle Erfahrung besser zu verstehen. Die meisten hätten mit dem historisch gewordenen Christentum nichts am Hut.
Nach der Moderne genügt die Vermittlung des Evangeliums durch Worte allein nicht mehr; sagte Ian Mobsby; "die Menschen sehnen sich nach Erfahrungen, die sie im Herzen verwandeln". Darin liege eine grosse Chance für die Kirche; doch die Fixierung auf rationales Denken und Worte müsse überwunden werden. Die Menschen seien offen für Übernatürliches. "Wie befähigen wir Menschen, Gott zu erleben"? Jesus müsse ihnen nicht nur als künftiger Retter, sondern als der vorgestellt werden, der jetzt Leben gibt.
Die Christen haben nach Ian Mobsby zu zeigen, wie man wirklich Mensch wird und wie wahre Menschlichkeit wieder hergestellt werden kann. "Wahre Mission beginnt mit gesunden Gestalten von Kirche - und wahre Spiritualität beginnt mit dem dreieinigen Gott".
"Travelling light, dwelling deep"
Nach Mobsby referierte in Zürich Philip Roderick. Er baut das Netzwerk "Contemplative Fire" auf, dessen Gruppen meditatives Vergegenwärtigen Gottes und Engagement in der Gesellschaft aufeinander beziehen. Für Roderick geht es um einen Weg des Lernens, mit Zurüstung, Erkundung und Begleitung: "to walk with Jesus, travelling light, dwelling deep". Vertreter von Kommunitäten in der Schweiz und Deutschland stellten an der Tagung in Workshops ihre Gestalten geistlichen Lebens vor.