Wie nach dem Zerbruch Neues entsteht

Von der Zeit der Wiederherstellung nach dem Exil können wir für heute Inspirierendes ableiten. Dem Esra-Nehemia-Buch lassen sich Prinzipien entnehmen, wie eine Gesellschaft durch die Kraft des Evangeliums Veränderung erfährt. Aus langjähriger Beschäftigung mit dem Buch hat Thomas Bänziger realistische Perspektiven entwickelt.


Der Ostschweizer Theologe, der über das Buch Esra-Nehemia doktoriert hat, destillierte daraus im LKF-Webinar am 22. März starke Anstösse. Eine durchaus reformierte Erkenntnis: «Impulse für die Kirche kommen immer aus dem Wort.»

Die Verlesung und Auslegung der Tora, des mosaischen Gesetzes, und ihre Erörterung in Gruppen bilden das Zentrum des Berichts, der die Wiederherstellung der Gemeinschaft im persisch beherrschten Land der Israeliten schildert (Nehemia 8).

Zuvor ist die Stadtmauer Jerusalems wieder aufgebaut worden. Der Autor von Nehemia 8 macht deutlich, dass die Beziehung zu Gott, durch sein Wort hergestellt, als innere Mauer «das Volk im Land vor weiterer Exilierung schützt». Dies nachdem die Rückkehrer zwei Generationen vorher als erstes den Tempel wieder aufgebaut und auf dem Altar Opfer dargebracht haben (Esra 3).

Aus Gebet und Fasten erwächst Energie für kraftvolle Initiative und wagemutiges Leiten. Thomas Bänziger wies auf den Reichtum der Gebete in Esra 9 und Nehemia 9 hin. Der Mauerbau gelingt im Gleichgewicht von innerem Kampf und Arbeit.

Die Reformation ist nicht einfach ein Freudenfest; ins Jauchzen mischen sich Tränen. Thomas Bänziger liest Esra-Nehemia auf dem Hintergrund von Jeremia. Im Neuanfang nach dem Exil ist der vom grossen Gerichtspropheten verheissene Neue Bund noch nicht da.

Die Herrlichkeit Gottes (hebr. kabod), die den Tempel verlassen hat, ist noch nicht zurückgekehrt. Bänziger schlug den Bogen zu Johannes 1,12. «Letztlich bekommt die Gemeinde Kraft durch die Gegenwart Gottes.» Der Aufbau der Gemeinde setzt voraus, dass wir auf diese kabod warten, um sie bitten.

In seinem dichten Impuls betonte Bänziger, der zum Leitungsteam der Stiftung Schleife in Winterthur gehört, dass Reformation alle Bereiche des Lebens umfasst. Der Aufbau der Mauer ehrt Gott; sie ermöglicht die geschützte Entfaltung geistlicher Gemeinschaft.

Die Erweckung beginnt im Herzen Gottes. Er ist es, der den Geist des persischen Grosskönigs Kyros «erweckt» – der erste Satz des Buchs Esra-Nehemia. Bänziger ist überzeugt: «Je mehr Gott in uns wiederherstellt, desto grösser wird in uns der Wunsch nach dem Wiederhersteller.»

Wiederherstellung war schon für Kirchenväter im 2. und 3. Jahrhundert wesentlich. Bänziger, der diverse Bezüge zur Kirchengeschichte einflocht, betonte mit Apostelgeschichte 3,20: «Es wird nicht nur dunkler, sondern es gibt ein Ziel für die Kirche.»

Buch von Thomas Bänziger im Schleife-Verlag 
Zusammenfassung von Buch und Dissertation  

Slider: Wiederherstellung des Bundes unter Nehemia. Darstellung im Tower of David Museum Jerusalem