• Kirche: mehr Leib Christi als Konfession

    Vor lauter Auseinandersetzungen zwischen Kirchen und auch innerhalb der Kirchen wissen selbst die Christen nicht mehr, was Kirche eigentlich ist. An der Tagung „"Licht-Blick Ökumene“" Anfang Februar 2007 in Baar bei Zug versuchten Bischof Kurt Koch und der Vizepräsident des reformierten Weltbundes, Gottfried Locher, dem Wesen der Kirche auf die Spur zu kommen.

    Die Kirche müsse vielmehr Leib Christi als Konfession sein, erklärte Gottfried Locher an der Tagung vor über 300 interessierten Teilnehmenden aus verschiedenen Kirchen, allen drei Landesteilen der Schweiz und auch aus Deutschland. Es sei notwendig, dass die Gläubigen auch als Kirche wieder „"selbst-sicher"“ würden, denn es sei ein gesamt-ökumenisches Problem, dass "„wir nicht mehr sicher sind, was die Kirche ist, geschweige denn, dass sie etwas wäre, woran ein Christ von Herzen glauben kann".“

    Noch keine "„tragfähige Verständigung"“ übers Ziel der Ökumene
    Ob all der Streitereien zwischen, aber auch innerhalb der Kirchen wachse vor allem jene Gruppe, „"die an die Kirche nicht mehr glauben kann, weil sie diese nicht mehr sieht -– statt dessen viele Kirchen, die sich ihrer selbst nicht mehr sicher sind".“ Wie Gottfried Locher, der Vizepräsident des reformierten Weltbundes, legte auch Bischof Kurt Koch den Finger schonungslos auf die Wunden: „"Die Hauptursache für die schwierige Situation der Ökumene heute liegt darin, dass über das Ziel der Ökumene bisher keine tragfähige Verständigung erzielt werden konnte, dass dieses vielmehr stets undeutlicher geworden ist".“

    Vom inneren Wesen der Kirche ausgehen
    Wie nämlich die zu erstrebende Einheit aussehen soll, darüber besteht alles andere als ein Konsens. Davon ausgehend legte der Präsident der Schweizer Bischofskonferenz das katholische Kirchenverständnis dar. Von der christlichen Grundberufung in der Taufe über die Sammlung der Kirche in der Eucharistie bis zur Kirche als Volk Gottes, die aber ihr Haupt, Christus, nicht aus den Augen verlieren dürfe, stellte er klar, dass das Amt wesentlich zum katholischen Kirchesein gehöre. Als Fährte für einen trotzdem noch gangbaren ökumenischen Weg zeigte er als ekklesiologische Grundfrage diejenige „"der Weise der Gegenwart des Wortes Gottes in der Welt“" auf.

    Die äussere Organisation müsse vom inneren Wesen der Kirche her angegangen werden. „"In diesem Sinne gehören die Strukuren nicht zu den primärsten Elementen der Kirche"“, führte Koch aus. Ihre Konstruktionspunkte, ihr eigentlicher Inhalt und ihre wahre Existenzweise seien vielmehr die Sakramente von Taufe und Eucharistie, zitierte er Papst Benedikt XVI. (J. Ratzinger, Einführung in das Christentum, S. 282).

    Nicht zuerst tun, sondern sein
    Vom inneren Wesen der Kirche ging auch Gottfried Wilhelm Locher aus. Er plädierte vehement für eine Kirche, die sich als Leib Christi versteht, und die als solche auch sichtbar wird für die Menschen. Daher solle die Kirche nicht zuerst etwas tun, sondern etwas sein. Erst von ihrem Wesen als Leib Christi her lasse sich dann ihr Auftrag ablesen, der zugleich ihre Identität sei: „"Kirche ist die Gemeinschaft jener, die das zu sein versuchen, wovon wir in der Heiligen Schrift lesen, dass Christus es ist".“

    Die notwendige kirchliche Selbstsicherheit sei jedoch ungewöhnlich: sie habe nichts Überhebliches an sich, sondern sei demütig, Christus-gleich, auf Christus zeigend. Sie müsse tatsächlich und sichtbar für die Schwachen und Leidenden einstehen, die verhängnisvollen Machtstrukturen dieser Welt in unbeirrter Nachfolge aufbrechen, die Hoffnungslosigkeit eines sinnlosen Daseins zurückweisen und glaubwürdig auf kommendes Heil hinweisen.

    Neuanfang möglich
    Statements von Christen aus verschiedenen Kirchen über ganz konkrete Vollzüge von Kirche-sein folgten. Ein respektvoll geführtes und doch Schmerzhaftes nicht ausklammerndes Podiumsgespräch schloss die Tagung ab, welche die Fokolar-Bewegung im Rahmen der Reihe „"Dialog.bewegt"“ durchführte.

    Clara Squarzon, Mitverantwortliche für die Fokolar-Bewegung Schweiz, hatte in ihrer Einführung gewünscht, dass „"wir einen Raum schaffen, in dem wir unsere Erfahrungen in der Ökumene teilen und vertiefen können".“ Trotz der vordergründigen Krise sowohl in den Kirchen wie auch in der Ökumene sei ein Neuanfang möglich, „"weil wir glauben, dass Jesus sich mit jeder Dunkelheit identifiziert und sie schon erhellt hat".“

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