Impulse für das Miteinander der Generationen

Das frohe Mit- und Nebeneinander von Alten und Jungen ist seit Urzeiten ein Bild fürs Glück. Wie kommt dieses Glück zu den Menschen? Die Kirchen suchen neue Wege.

In einer lichten Zukunftsvision, die von Gottes Nähe ausgeht, schildert der Prophet Sacharja dieses Glück: "„Alte Männer und alte Frauen werden noch auf den Plätzen von Jerusalem sitzen, und weil sie so betagt sind, wird jeder seine Stütze in seiner Hand haben. Und die Plätze der Stadt werden voller Knaben und Mädchen sein, die fröhlich spielen…“..." (Sacharja 8,4.5).

Im Miteinander ist Leben
Der demografische Wandel in der Leistungsgesellschaft mit zunehmender Lebenserwartung und rückläufiger Kinderzahl fordert auch die Kirchen heraus, mehr für das Miteinander der Generationen zu tun. Die deutschen Landeskirchen widmen ihr dieses Jahr die Woche für das Leben. Die bundesweite Aktion wird am 21. April mit einem ökumenischen Gottesdienst im Münchner Mariendom eröffnet. In vielen katholischen und evangelischen Kirchgemeinden und Einrichtungen finden bis zum 28. April Gottesdienste und Veranstaltungen statt.

Was verbindet noch?
In den Kirchgemeinden gehörte das Verbinden von Jung und Alt zwar immer zum Geschäft. Viele führen heute Vater-Kind-Wochenenden durch. Jede Taufe macht bewusst, dass der Glaube von Generation zu Generation weiterzugeben ist. Doch vielerorts verbindet der Gottesdienst nur noch einen Bruchteil der Gemeindeglieder. Die Lebenswelten von (digital tickenden) Jugendlichen, von Erwerbstätigen und fitten und hochbetagten Rentnern driften auseinander. Ein Kurs, in dem Konfirmanden 70-Jährigen Handys erklären, vermag die Kluft nicht zu überbrücken.

Zuerst die Gemeinde-Identität klären
In der Schweiz hat das Netzwerk familien-generationenkirche, in dem vier reformierte Kantonalkirchen sich vor zehn Jahren verbunden haben, Akzente gesetzt. Die reformierten Familienbeauftragten rufen Gemeinden auf, ihre Identität zu klären, Abläufe zu verbessern, Räume für die Generationen und ihr alltägliches Zusammenkommen zu schaffen und Beziehungen auch mit Veranstaltungen zu fördern.

Im Aargau lässt die Landeskirche sechs Gemeinden in einem dreijährigen Prozess Optionen ausprobieren. So geht die Kirchgemeinde Schöftland daran, einen Platz der Begegnung zu gestalten. Möhlin hat eine Kirchenwiese geschaffen, und das neu erbaute Kirchgemeindehaus im Wegenstettertal wurde als Generationenhaus konzipiert. Laut Jürg Hochuli, dem Bereichsleiter Bildung und Gesellschaft, sind auch ganz einfache Dinge zu bedenken: Wenn Kinder im Kirchgemeindehaus an der Treppe einen Handlauf finden, dann erleben sie es als ihr Haus…...

Eltern in den Konf einbeziehen
Die Berner Landeskirche führt auf ihrer Homepage diverse Projekte auf, darunter einen Generationentag und den Konfirmanden-Unterricht mit Einbezug der Eltern. Die Basler Kirche hat das gegenseitige Verstehen von Jungen und Alten mit der Unterstützung des Privatradio-Projekts Mitten im GenerationenMIX unterstützt.

Der Zürcher Kirchenrat zieht in den Legislaturzielen 2012-2016, die nächstens vorgestellt werden, Konsequenzen aus dem neuen Artikel 6 der neuen Kirchenordnung: "„Die Landeskirche tritt ein für die Familie, für eine kinderfreundliche Gesellschaft und für das Miteinander der Generationen".“ Künftig sollen in Kirchgemeinden Projekte gefördert werden, mit dem Ziel respektvoller Begegnung und gegenseitiger Bereicherung. Die Stadtzürcher Kirchgemeinde Höngg richtet ein Mehrgenerationenhaus ein.

Kirchen und Familienpolitik
Die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) hatte sich in der Synode 2004 in Magdeburg intensiv mit Generationenfragen befasst. Zur Woche für das Leben 2012 schreibt Cornelia Coenen-Marx vom Kirchenamt der EKD, lange hätten die Kinder im Mittelpunkt der Familienpolitik gestanden. Nun sollten die Betreuungsmöglichkeiten der Grosseltern und die Pflegeaufgaben der jüngeren Generation wieder in den Blick genommen werden. Mit ihrem hohen Potenzial an älteren Menschen und dem guten Zugang zu Kindererziehung könne die Kirche bei der Entwicklung neuer generationenübergreifender Netze ein Vorreiter sein.

Die Beiträge älterer Frauen wertschätzen
Dies setzt laut Coenen-Marx allerdings auch ein neues Selbstverständnis voraus, das mit der Abwertung Älterer aufräume und den sozialen Beitrag vor allem älterer Frauen schätze. "Die „Woche für das Leben"“ ist eine Initiative der katholischen deutschen Bischofskonferenz und der EKD. Die Kirchen wollen damit auf den Wert und die Würde des menschlichen Lebens aufmerksam machen. Mit der Aktion soll für den Schutz des Lebens in allen Phasen von der Zeugung bis zum Tod sensibilisiert werden.

Weisungen und Weisheiten -– fürs 21. Jahrhundert?
In der jüdisch-christlichen Tradition wird dem Miteinander der Generationen viel Gewicht gegeben und Sorge getragen, vom Gebot, Vater und Mutter und die ergrauten Häupter zu ehren (2. Mose 20,12; 3. Mose 19,32) über die Sprüche ("„Mein Sohn, achte auf meine Sprüche“", 4,20) bis hin zum Erziehungstipp von Paulus: "„Ihr Väter, reizt eure Kinder nicht, damit sie den Mut nicht verlieren"“ (Kolosser 3,21).

Für viele Christen ist bedeutungsvoll, dass das Alte Testament mit einer Verheissung zum Verhältnis der Generationen schliesst. Maleachi 3,24, aufgenommen in Lukas 1,17, lautet in der Zürcher Bibel 2007: "„Er (Gott) wird das Herz der Vorfahren wieder zu den Nachkommen bringen und das Herz der Nachkommen zu den Vorfahren…“..."

Themenheft der deutschen Aktionswoche: Engagiert für das Leben. Mit allen Generationen