Hoffnung und Demut tragen Mission
Die Liebe von Jesus Christus ist allen Menschen zu verkündigen, und dies setzt Anbetung und die Besinnung auf das Wort der Bibel voraus. Die Verkündigung, so die US-Theologin Dana L. Robert in Edinburgh, geschieht durch Gastfreundschaft und Evangelisation, aber im 21. Jahrhundert am wirksamsten werde eine von Hoffnung und Demut erfüllte Grundhaltung sein.
300 Delegierte aus über 60 Ländern und 50 verschiedenen Kirchen nahmen vom 2.-6. Juni in der schottischen Universitätsstadt an einer Missionskonferenz teil, exakt 100 Jahre nach einer ähnlichen Veranstaltung von epochaler Wirkung.
Laut Robert ist das Christentum heute eine vibrierende Basisbewegung, von Nichttheologen getragen, in Afrika zu 80 Prozent von Frauen. Kirchen und Bewegungen müssen darauf achten, dass sie soweit möglich zusammenarbeiten. Geoff Tunnicliffe von der Weltweiten Evangelischen Allianz unterstrich mit dem Verweis auf Jesu Gebet in Johannes 17, dass die "Anerkennung von Jesus durch die Welt in direktem Zusammenhang mit unserer Einheit steht". Aber, so Tunnicliffe, "Verschiedenheit kann eine Stärke sein, wenn die Welt uns sogar in unserer Verschiedenheit miteinander sieht".
Sein Reich, sein Geist
Anthony Gittens, ein katholischer Theologe aus Chicago, erinnerte daran, dass die Verkündigung nicht primär aufs Wachstum der Kirche abzielen, sondern die Herrschaft Gottes ankündigen soll. Der Koreaner Young-Hoon Lee (Yoido Full Gospel Church) mahnte, vor allem den Heiligen Geist gewähren zu lassen.
"Niemand braucht triumphalistische Bewegungen und Kirchen", sagte Dr. Olav Fykse Tveit, Generalsekretär des Genfer Weltkirchenrates, zur Eröffnung der Konferenz zur Hundertjahrfeier der ersten Weltmissionskonferenz 1910. "Die Welt braucht treue Nachfolger Christi, die jederzeit das Kreuz in Liebe und Solidarität mit der Welt tragen, für die Christus gestorben ist". Tveits Ansprache war ein Plädoyer für eine demütige und ökumenische "Missionsbewegung des Kreuzes" von Christus. "Er hat uns aufgerufen, gute Nachbarn aller Menschen zu sein, wo immer sie sind, welchen Glauben auch immer sie haben mögen.
Mehrjähriger ökumenischer Studienprozess
Die Konferenz bildete den Abschluss des globalen Studienprozesses "Edinburgh 2010", in dem seit 2005 Themen wie "Mission und Macht", "Stimme der Unterdrückten" und eben "Christliche Mission inmitten anderer Religionen" diskutiert worden waren. Am Prozess nahmen so viele verschiedene Traditionen und Strömungen des Weltchristentums wie nie zuvor teil: Orthodoxe, Anglikaner, Lutheraner, Reformierte, Methodisten, Baptisten, römische Katholiken, Evangelikale, Pfingstler, Adventisten und Unabhängige. Zum Abschluss der fünftägigen Konferenz unter dem Motto "Christus heute bekennen" gaben die 300 Teilnehmenden einen Appell heraus, der eine Vision der gemeinsamen christlichen Mission im 21. Jahrhundert entwirft.
Was in den letzten 100 Jahren geschah
Zur Eröffnung von "Edinburgh 2010" hatte am 2. Juni die Bostoner Missionswissenschaftlerin Dana L. Robert gesprochen. "In der Lebenszeit der hier versammelten Menschen hat die Christenheit eine der größten Veränderungen in ihrer 2000-jährigen Geschichte vollzogen", meinte die Professorin. "Sie ist heute eine multikulturelle Religion mit Gläubigen in allen bewohnten Kontinenten". Robert sagte, schon die Weltmissionskonferenz 1910 habe die Hoffnung auf die Christenheit als weltweite Gemeinschaft geweckt. Und das, obwohl fast alle der 1200 Vertreter protestantischer Missionsgesellschaften europäische und nordamerikanische Männer waren, deren Mission im Kontext des westlichen Kolonialismus stattfand.
1963, in einer Zeit neuer unabhängiger Nationen im Süden, sprach die Weltmissionskonferenz in Mexiko-City von einer multikulturellen, in und aus vielen Richtungen kommenden und gehenden "Zeugenschaft in sechs Kontinenten". Dies bekräftigte nach Lausanne 1974 die evangelikale Weltkonferenz in Manila 1989 mit dem Motto "Das ganze Evangelium der ganzen Welt durch die ganze Gemeinde". Nach 1989 und mit den Informationstechnologien ergaben sich völlig neue Möglichkeiten.
"Mission in alle Richtungen"
"Mission geht heute in alle Richtungen", sagt Claudia Währisch-Oblau von der Vereinten Evangelischen Mission in Deutschland: "Nord-Süd, Süd-Nord, auch Süd-Süd, wie z.B. brasilianische Missionare in Kamerun. Alle Kirchen verstehen sich inzwischen als sendende Kirchen. Die meisten Missionare kommen aus Korea, Brasilien und Nigeria". Die Missionstheologin bezweifelt, dass die Europäer schon kapieren, "dass wir Empfänger sind. Die Frage ist: Kommen die Missionare für säkularisierte Menschen in Europa? Oder für eine Erweckung in unseren Kirchen? Afrikanische Christen sagen: 'Wir sehen, dass eure Kirchen sterben. Wir sind berufen, euch Erweckung zu bringen'."
In den deutschen Kirchen nimmt Claudia Währisch-Oblau "eine sehr starke Abwehr" wahr, da man Defizite nicht erkennen wolle. Sie empfiehlt den Dialog und "Offenheit für die Frage: Was will uns der Heilige Geist damit sagen"? Jedenfalls, betont die Theologin, ist es "in unserer Gesellschaft, die sich immer mehr fragmentiert, wichtig, dass Christen Beispiele geben für Gemeinschaft über Grenzen hinweg. Eben auch über Grenzen von Nationalität und Herkunft hinweg". Bisher gelinge es nicht, Migranten in die Kirchen zu integrieren. 2Unsere deutschen Strukturen sind zu starr und parochial. Wir geben Räume in den Innenstädten auf. Es gelingt aber nur in ganz wenigen Fällen, diese zu übergeben statt aufzugeben, weil Migranten, die diese Räume suchen, nicht zahlen können".