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Wie Zürich auf die europäische Bühne trat

Die Reformation war eine Bildungsbewegung, die vom Druck wesentlich profitierte. Zu den kreativsten Köpfen des 16. Jahrhunderts in Zürich gehörte der Drucker Christoffel Froschauer. Eine Ausstellung bei der Zentralbibliothek lässt die Dynamik erahnen, welche das gedruckte Wort auslöste. Froschauer druckte Flugschriften, die in Deutschland regen Absatz fanden, einen Kalender und mehr und mehr Bücher.

Wenige Jahrzehnte vor Zwinglis Ankunft 1519 war der Buchdruck nach Zürich gekommen. Die Ausstellung in der Schatzkammer der Predigerkirche zeigt als frühe Drucksachen Ablassbriefe. Der aus Oberbayern stammende Christoffel Froschauer, der 1517 die Druckerei des Zürchers Hans Rüegger übernommen hatte, unterstützte Zwingli von Beginn an und druckte seine Flugschriften. Regelmässig hatten sie Zwinglis Motto «Kommt zu mir her alle ….» und Christus mit ausgebreiteten Händen auf dem Deckblatt.

Flugschriften, Kalender
Die Offenheit für neue Ideen zeigt sich daran, dass manche der Schriften im Ausland nachgedruckt wurden, so in Strassburg, Augsburg und Erfurt. Durch die Flugschriften entstand erst Öffentlichkeit, in der reformatorische Ideen diskutiert wurden.

Die von Christian Scheidegger (Zentralbibliothek Zürich) gestaltete Ausstellung macht die Zürcher Bedingungen für diesen Entwicklungsschub deutlich. Scheidegger weist auf die frühkapitalistische Manier hin, in der Froschauer sein Unternehmen ausbauen konnte. Es gab in der Kleinstadt für Drucker keine Zunft und kaum staatliche Vorschriften.

Erste deutsche Bibel, Taschentestament
Die Kreativität Froschauers lässt sich an weiteren Exponaten ablesen, etwa einem Kalender, der für jeden Tag – anstelle von Heiligen – Bibelabschnitte angab (Deckblatt oben: Christus zeigt den Armen das Licht des Evangeliums). Dazu hatte der Freund Zwinglis, Gastgeber des legendären Wurstessens in der Fastenzeit 1522, auch unternehmerischen Mut.

Der rasche Erfolg von Zwinglis Schriften ermöglichte den Ausbau der Druckerei. In Spitzenzeiten betrieb Froschauer mindestens vier leistungsfähige Pressen. Die Druckerei wechselte über die Jahrhunderte mehrfach den Besitzer (1798 Orell, Füssli & Co).

1531 druckte Froschauer die erste ganze Bibel in deutscher Sprache im Folio-Format. Das epochale Werk kostete damals dreieinhalb Gulden, eine stolze Summe. In der Vitrine in der Schatzkammer steht ein Neues Testament daneben. Kaum 10 cm hoch, passte es in jede Tasche – wer wollte, konnte es sich leisten.

Wissenschaftliche Bücher
Froschauer profitierte von der Gründung der Hohen Schule am Grossmünster, wo Griechisch und Hebräisch und bald auch Naturwissenschaften gelehrt wurden. Die Ausstellung mit Schätzen der Zentralbibliothek und Leihgaben zeigt Conrad Gessners epochales Werk über die Tierwelt (Historia animalium), eine 3500 Seiten und 1100 Holzschnitte umfassende Enzyklopädie des zoologischen Wissens. Das abgebildete Nashorn geht auf einen Holzschnitt Albrecht Dürers zurück.

Daneben findet sich eine 1552 gedruckte englische Bibel. Laut Christian Scheidegger kam es zu diesem Auftrag, weil die Verleger in London keine Zulassung für den Bibeldruck erhielten. Kostbare Werke wie Zwinglis eigenhändige Abschrift der Paulusbriefe in griechischer Sprache, die illustrierte Abschrift von Bullingers Reformationschronik und der von Zwingli benutzte Einsiedler Codex runden die gediegene Ausstellung ab.

Getruckt zů Zürich. Ausstellung in der Schatzkammer der Predigerkirche, Zähringerplatz 6, Zürich (Eingang hinten im Hof zwischen Kirche und Zentralbibliothek).
Bis 30. April 2019, Montag bis Freitag 13–17 Uhr, Samstag 13–16 Uhr, 8. April (Sechseläuten) und 19. bis 22. April (Ostern) geschlossen