Der Kirchenbund blickt in die Zukunft

Wie können die Reformierten der Schweiz geeinter auftreten und besser zusammenwirken? Diese Frage soll die Kirchen des Kirchenbunds SEK leiten bei der Revision seiner Verfassung leiten. Die neue Grundlage soll nach einer Vernehmlassung in kommenden Herbst im Juni 2014 beschlossen werden. Im neuen SEK-Bulletin legen drei Kirchenleiter Gesichtspunkte zum weiteren Weg des SEK dar.

Philippe Woodtli, der die SEK-Geschäftsstelle leitet, fasst die Fragen eingangs zusammen: „"Bleibt alles, wie es ist? Ist der Kirchenbund Gemeinschaft, die Gemeinschaft Kirche, die Kirche eine Kirchengemeinschaft"?“
SEK-Ratspräsident Gottfried Locher macht Mut zu verbindlicher Gemeinschaft und wünscht, dass die Reformierten der Schweiz und die Methodisten beschliessen, "„der Formel '‚Einheit in Vielfalt'‘ im Alltag der Kirchen Leben einzuhauchen"“. Gegenüber der selbstverständlichen helvetischen Vielfalt hat es Einheit schwer. Locher plädiert für einfachere, kostengünstigere Strukturen –- notwendig, weil die Kirchen kleiner werden -– und ruft sie auf, eine "„gemeinsame Identität"“ zu entwickeln. Nicht nur kleine und anlehnungsbedürftige Kantonalkirchen, sondern auch grosse profitierten von einem „"starken, landesweiten evangelischen Profil"“.

"Weniger Menschen brauchen mehr Gemeinschaft“"
Profil ist für Locher auch in der nationalen medialen Öffentlichkeit und für die Ökumene gefragt. Kurz: „"Weniger reformierte Menschen brauchen mehr reformierte Gemeinschaft".“ Der SEK-Ratspräsident unterstreicht: "„Was zählt, ist tatsächliche, innere, theologische Gemeinschaft... evangelisch-reformierte Einheit... erkennbare Bandbreiten einer gemeinsamen Position“". Denn die Kirche -– Locher wird nicht müde es zu betonen –- ist glaubwürdiger, wenn sie geeint auftritt. „"Es geht auch darum, dem Glauben eine Sprache zu geben, die heute verstanden wird".“

Vielfalt als Luxus
Der Neuenburger Kirche fehlen Mittel, doch gehört sie laut ihrem Präsidenten Gabriel Bader weiter zu den reichsten der Welt: "„Die Fragmentierung unserer schweizerischen evangelischen Identität stellt einen Luxus dar, der zeigt, in welchem Wohlstand wir uns eingerichtet haben –- gemessen an der Situation fast aller Kirchen im Ausland".“ Für Bader kann es Sinn machen, den Kirchenbund neu als „"Gemeinschaft Evangelischer Kirchen in der Schweiz“" zu bestimmen. Allerdings habe die reformierte Kirche im Idealfall bloss kollegiale Leitung vor Ort (Presbyter) und synodale Leitung auf globaler Ebene.

Gabriel Bader träumt weiter von einer Schweizer Landessynode. Sie sollte den Reformierten auch helfen, im säkularen Umfeld „"die Wichtigkeit ihres Angebots"“ zu beweisen. Laut Bader „"diskutieren die Kirchen der französischen Schweiz bereits über die Notwendigkeit einer gemeinsamen corporate identity, die sich auf die Gesamtheit der reformierten Kirchen der Schweiz ausdehnen liesse".“ Bei der Verfassungsrevision seien die bisherigen Grenzen in Frage zu stellen.

Erkennbarer werden
Dölf Weder schildert zum Ende seiner Tätigkeit als St. Galler Kirchenratspräsident die Schwierigkeit, evangelische Vielfalt und kontroverse Positionen in der medialen Öffentlichkeit knapp und eingängig darzustellen: "„Einheitlich und erkennbar sollen wir sein".“ Doch "„evangelische Korrektheit"“ und "„Abstriche bei der biblisch-evangelischen Vielfalt“" führten nicht zum Ziel. Stattdessen sei Einheit in der Vielfalt zu suchen. Weder verweist auf Paulus, der „"beschwörend vom einen Leib Christi"“ sprach und nicht Einheitlichkeit forderte. "„Einheit entsteht, wenn auch den Menschen an der Basis etwas geschieht"“ -– da müsse etwas in Bewegung kommen, „"zu Veränderung und einer stärkeren gemeinsamen Ausrichtung führen"“.

Der Kirchenbund soll laut Weder "„im Thema evangelische Identität und Einheit" künftig eine Leadership-Funktion zur Förderung der gemeinsamen Ausrichtung wahrnehmen. Dafür benötige er nicht viele neue Kompetenzen, auch keine Schweizer Synode. Vielmehr soll er „"einer gewissen Richtungslosigkeit, einem Mangel an einer klaren Identität und Ausrichtung"“ begegnen. Die Reformierten müssten neu wagen, "„deutlich, klar und verständlich vom Glauben zu reden"“.

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