EKS: Daniel Reuter aus dem Rat abgewählt

Die Synodalen der Evangelisch-reformierten Kirche Schweiz haben
am 13. Juni in Sitten den Rat für die nächsten vier Jahre gewählt.
Rita Famos wurde ohne Gegenstimme im Präsidium bestätigt.
Die Luzerner Synodalratspräsidentin Lilian Bachmann, die
Aargauer Kirchenrätin Catherine Berger und der Berner
Synodalrat Philippe Kneubühler nehmen Einsitz im Rat.


Erstmals applaudierten die Synodalen, als Rita Famos mit 74 von 75 Stimmen als Ratspräsidentin für die Amtsdauer 2023-2026 bestätigt wurde. Es folgte die Wahl der Ratsmitglieder. Lilian Bachmann erhielt 63 Stimmen, Catherine Berger 59, bei einem absoluten Mehr von 36 Stimmen. Im Siebnergremium nimmt auch der Berner Synodalrat Philippe Kneubühler aus Tramelan Einsitz (69 Stimmen).

Pierre-Philippe Blaser, FR, Ruth Pfister, TG, und die EMK-Vertreterin Claudia Haslebacher wurden im Amt bestätigt (72, 69, 69 Stimmen). Rita Famos dankte für das Vertrauen und äusserte Tatendrang: «Wir haben jetzt eineinhalb Jahre geackert, nun können wir säen.»

Mit Daniel Reuter wurde erstmals ein Ratsmitglied, das wieder kandidierte, aus Gründen der regionalen Ausgewogenheit abgewählt. Die doppelte Zürcher Vertretung, die sich mit Famos’ Wahl zur Ratspräsidentin Ende 2020 ergab, führte schon damals zum Anmelden von Ansprüchen. Als im Frühling gleich zwei Kirchenpolitikerinnen, beide Juristinnen, kandidierten, sanken die Aussichten von Daniel Reuter auf eine dritte Amtszeit. Er bekam von seiner Landeskirche keine Wahlempfehlung mehr.

Die Luzerner Synodalratspräsidentin Lilian Bachmann

Der Zürcher Synodale Theddy Probst würdigte in Sitten die Arbeit des Rats in den letzten Jahren, ohne den Vizepräsidenten namentlich zu erwähnen. Es sei «unfair und schräg», Bisherige nicht wiederzuwählen. Reuter blieb mit 22 Stimmen unter dem absoluten Mehr. (Kommentar zur Abwahl)

Die Synode wählte Aude Collaud, VD, und Christoph Zingg, GR, in die Geschäftsprüfungskommission.

Aktionsplan
Der Synode lag der Aktionsplan zur Umsetzung der Empfehlungen der Untersuchungskommission (Causa Locher) vor. Sie wurden eingehend diskutiert. Zu den gebilligten Massnahmen gehört die Einführung eines Beschwerdeverfahrens für Rat und Geschäftsstelle, welches auch auf alle budgetrelevanten Bereiche der EKS ausgeweitet wird. Für die ganze EKS soll eine ethische Selbstverpflichtung nach dem Modell der EMK gelten.

Die Aargauer Kirchenrätin Catherine Berger

Der Rat plant weitere Schritte zum besseren Schutz der persönlichen Integrität. Abgelehnt wurde die von der Zürcher Synodalen Corinne Duc vertretene Forderung, die personale Leitung aus der erst seit 2020 geltenden EKS-Verfassung zu streichen, durch eine Revision ihres Artikels 17. 

Das Moskauer Patriarchat im ÖRK
Weil die Führung der Russisch-Orthodoxen Kirche die Ukraine-Invasion unterstützt, forderte der Zürcher Kirchenratspräsident Michel Müller in einem emotionalen Votum, dass die Suspendierung ihrer Mitgliedschaft im ÖRK in Genf geprüft wird – oder gar der Ausschluss. Man müsse dem Patriarchat «eine Grenze setzen».

Ratspräsidentin Rita Famos sprach sich gegen die Motion aus. Zwar sei die Haltung des Patriarchen Kyrill «für die gesamte Ökumene unerträglich». Doch der ÖRK engagiere sich. Die EKS habe Distanz markiert und wolle Kriegsgegner in der orthodoxen Kirche unterstützen. Die Ukrainische-Orthodoxe Kirche habe den Antrag auf Aufnahme in den ÖRK gestellt. Sie solle an die nächste Vollversammlung des ÖRK im August in Karlsruhe eingeladen werden. Nach engagierter Diskussion wurde die Motion mit 44 gegen 29 Stimmen überwiesen.

Der bernjurassische Synodalrat Philippe Kneubühler

Welche Prioritäten bei weniger Mitteln?
Der Rat der EKS und die Römisch-katholische Zentralkonferenz hatten eine Studie zu den Finanzperspektiven bis 2045 erstellen lassen. Die Autoren erwarten eine Halbierung der Mitgliederzahl und einen Rückgang der Kirchensteuern und Staatsbeiträge um etwa ein Viertel. Die Kirchen sind sehr unterschiedlich aufgestellt; einige erleben trotz Mitgliederschwund noch keinen Rückgang.

Die Studie wurde zur Kenntnis genommen. Wie sollen die Reformierten darauf reagieren? «Welche Rolle wollen wir einnehmen? Wo wollen wir als Evangelisch-reformierte Kirche 2045 stehen?», fragte Ratsmitglied Daniel Reuter. Der Vorschlag des Rats, die für 2023 geplante Gesprächssynode den «Perspektiven 2045» zu widmen, wurde abgelehnt. Es hiess, man wolle die Kirchensteuern, die in manchen Kantonen von Unternehmen erhoben werden, nicht aufs Spiel setzen.

Das Grossratsgebäude in der Altstadt von Sion

Spezialseelsorge: Spitäler und Heime, Asylsuchende ...
Im Winter hatten unter anderen die Zürcher Reformierten gegen eine ökumenische Charta zur Seelsorge im Gesundheitswesen Einspruch erhoben. In Sitten überwies die Synode ihr Postulat zur Rolle der EKS und zur Einbindung der Kantonalkirchen; dabei sollen die kantonal unterschiedlichen Modelle der institutionellen Zusammenarbeit von Kirche und Gesundheitswesen respektiert werden.

16 reformierte Seelsorgende sind momentan in 14 Bundesasylzentren und fünf weitere in den beiden Flughafenzentren des Bundes im Einsatz. Für diese Seelsorgedienste besteht ein Lastenausgleich unter den Kantonalkirchen. Die jährlichen Beiträge werden aufgrund der komplexen Herausforderungen von 420’000 auf 470’000 Franken erhöht. Auf einen Neuenburger Antrag hin hat der Rat die Übernahme aller Kosten für diese Dienste zu prüfen.

Synodepräsidentin Evelyn Borer

... und Armee
Die Synode nahm neue Dokumente der Armee zur Armeeseelsorge zur Kenntnis und besprach die Gewinnung neuer Seelsorger, auch die Kriterien für ihre Empfehlung. Esther Gaillard vom Rat erwähnte, dass jährlich 20 Reformierte fehlen; die Kirchen hätten mehr für ihre Rekrutierung zu tun.

Die Behandlung des neuen Reglements zur Assoziierung von Kirchen und Gemeinschaften wurde auf die Herbstsynode verschoben. Aufgrund sinkender Mitgliederzahlen in den Mitgliedkirchen wird die nationale Synode 2023 kleiner. Die Kirchen Bern-Jura-Solothurn verlieren zwei Sitze, Aargau, St. Gallen, Genf, Waadt und Zürich je einen Sitz.

Unterlagen und Beschlüsse der EKS-Sommersynode 2022
Bilder gewählter Rat, Philippe Kneubühler: EKS/Nadja Rauscher