Grandiose Schöpfung und die Grenze der Astrophysik

Der biblische Schöpfungsbericht berührt sich mit der Kosmologie, welche Bruchteile von Sekunden nach dem Urknall einsetzt – doch ehrlicherweise müsste die Wissenschaft ihre Grenze anerkennen.
In einem faszinierenden Vortrag am 21. März in Bern plädierte der Sonnenforscher Werner Däppen für ein differenziertes Reden von Grosser und Kleiner Schöpfung.


Werner Däppen war während 25 Jahren Professor für Physik und Astronomie an der University of Southern California in Los Angeles. In seinem Vortrag vor dem Evangelisch-Theologischen Pfarrverein beleuchtete er die Bezüge zwischen naturwissenschaftlichen Erkenntnissen und den Aussagen des biblischen Schöpfungsberichts.

Der Referent, der namentlich über die heisse Materie im Innern der Sonne geforscht hat, kommentierte eingangs Stephen Hawkings Aussage, das Universum sei aus einem Vakuum entstanden. Ein Vakuum ist nicht NICHTS – somit konnte Hawking nicht die creatio ex nihilo meinen, welche in der Bibel geschildert wird.

Grosse Schöpfung und Kleine Schöpfung
In Anlehnung an den Evolutionsbiologen Stephen Jay Gould, der von non overlapping magisteria sprach, schlägt Däppen vor, von Kleiner Schöpfung und Grosser Schöpfung zu reden: Die naturwissenschaftlich bearbeitbaren Fragen bis hin zum Urknall betreffen die Kleine Schöpfung.

Die Fragen nach dem Wie und Warum – wie das Universum aus dem NICHTS und seiner Gesetzlosigkeit entstehen konnte – liegen jenseits ihres Feldes. Däppen: «Die Naturwissenschaft, wie sie heute betrieben wird, hat keine Antwort auf die Frage, wie aus NICHTS etwas entsteht.»

Wo Hawking befangen war
Hawking habe bemerkt, dass eine Instanz bei der Entstehung der Gesetze gewirkt haben könnte. Er habe sich aber Gott, wenn überhaupt, nur deistisch (den Naturgesetzen unterworfen) vorstellen wollen. Werner Däppen hält dagegen: Nimmt man an, die Natur werde von Gesetzen regiert, verzichtet man auf Wesentliches, wenn man die Frage nach dem Gesetzgeber ausblendet. Der Astrophysiker hob die biblischen Aussagen zur Schöpfung ab von anderen antiken Kosmogonien, gemäss denen die Welt infolge Sex zwischen Göttern entstand. Die Bibel sei mit ihrem Schöpfungsbericht «um Welten näher an der Realität» als jene Mythen.

Prof. Werner Däppen bei seinem Vortrag.

Jenseits des Horizonts
Die begrenzte Kompetenz der Naturwissenschaft verdeutlichte Däppen mit einem Gleichnis von Fischen im Aquarium: Sie wissen, dass Licht scheint und dass Nahrung da ist (so sind die Naturgesetze auch durch Beobachtung gefunden worden). Jenseits des Horizonts der Fische liegt die Möglichkeit, dass die Person, welche das Aquarium eingerichtet hat, den Stecker zieht.

So teilt der Physiker die Meinung, dass der Schöpfungsbericht Aussagen macht, die jenseits des Horizonts der Naturwissenschaften, ja des menschlichen Erkennens, liegen und, wenn sie wahr sind, Offenbarung sein müssen. Die Aussagen der Bibel stünden nicht im Widerspruch zu modernen Experimenten: Die Naturwissenschaften könnten sie – da es sich um verschiedene Bereiche (magisteria) handelt – weder falsifizieren noch bestätigen.

«Atheism of the Gap»
Werner Däppen erklärte, dass ihn der biblische Schöpfungsbericht im Blick auf die Grosse Schöpfung mehr überzeugt als moderne Spekulationen, denn er geht – in der Sprache des Alten Orients – Grundfragen an. Die oft zu hörende Ansicht, Gott könne nur noch dort geglaubt werden, wo die Naturwissenschaft lückenhaft erkenne («God of the gaps»), und sei daher zu zunehmender Bedeutungslosigkeit verurteilt, ist für ihn «schon immer eine falsche Spur gewesen».

Er konterte mit der These, Atheisten nutzten den Stand des Unwissens, um ihr Nein zu Gott zu behalten. «Sie leugnen den Elefanten im Raum.» Auch neuere Spekulationen über ein Multiversum (hinter dem erkennbaren Universum andere Universen, in denen Intelligenz vorhanden sein könnte) sind für Däppen nichts anderes als ein Versuch, den «Atheism of the Gap» zu retten. Denn die Thesen sind nicht falsifizierbar – keine Naturwissenschaft.

Für Däppen widersprechen die Aussagen des Schöpfungsberichts dem, was die Naturwissenschaft weiss, nicht. Dem engagierten Vortrag des Auslandschweizers, der heute im Emmental lebt (und bereit ist, sich für Vorträge einladen zu lassen), folgte eine angeregte Diskussion.

Der Evangelisch-Theologische Pfarrverein will das Zutrauen zur biblischen Botschaft fördern. Was geben die ersten Kapitel der Bibel angesichts der Dominanz der Naturwissenschaften her? Diese Frage wird in zwei weiteren Treffen behandelt.

Website Evangelisch-Theologischer Pfarrverein        
Mail-Adresse von Werner Däppen

Buch zum Thema: Arnold Benz: Das Universum – Wissen und Staunen

Titelbild: NASA, ESA, the Hubble Heritage Team (STScI/AURA)-ESA/Hubble Collaboration, and K. Noll (STScI)
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