Die Reformierten im Jahr 2020

Das erste Jahr der EKS war ein trauriges, düsteres. Und nicht allein wegen Corona. Durch den Doppelrücktritt aus dem Rat geriet die auf Neujahr gegründete nationale Kirchengemeinschaft im April aus dem Tritt. In der Öffentlichkeit verlor sie an Ansehen.

Am Ende des Jahres 2020 ist die Untersuchung der Vorfälle, die zum Rücktritt von Gottfried Locher und Sabine Brändlin aus dem Rat der EKS führten, noch im Gang. Den Stein ins Rollen brachte die Ankündigung einer ehemaligen Mitarbeiterin des Kirchenbunds, gegen Locher Beschwerde zu erheben. Zur Bearbeitung zog die Vizepräsidentin des Rats, Esther Gaillard, im Januar Brändlin hinzu.

Dies verursachte hohe Kosten – bevor die Beschwerde schriftlich vorlag und der ganze Rat am Osterdienstag mit ihr konfrontiert wurde. Durch das Eingeständnis einer Liaison zwischen Locher und Brändlin zerbrach das Vertrauen im Rat. Ulrich Knoepfel forderte die beiden zum Rücktritt auf . Brändlin gab dem Druck innert Tagen nach, Locher Ende Mai, nach Abschluss einer Vereinbarung.

Chaotische Frühlingswochen
In der Zwischenzeit gab die mangelnde und ungeschickte Kommunikation des Rats, der Klagen befürchten musste, den kirchenpolitischen Gegnern Lochers Munition, über die Medien Misstrauen gegen den ganzen Rat zu säen. Kirchenräte um den Aargauer Kirchenratspräsidenten Christoph Weber-Berg sammelten Berichte von sieben Frauen, welche Locher sexuelle oder psychische Grenzverletzungen vorwarfen. Die von den Reformierten hochgehaltene Forderung nach Transparenz komplizierte die Bewältigung des Skandals um den Kirchenführer; dies überforderte die Leitung der nationalen Synode.

Die Synodalen entschieden im Juni, neben ihrer GPK eine nichtständige Untersuchungskommission einzusetzen. Im September wurde diese gewählt und ihr Mandat festgelegt; es schloss den Auftrag ein, auch die Arbeit der eigenen GPK (konkret: die Unterschiede zwischen deren Bericht und jenem des Rats zum Rücktritt von Brändlin) untersuchen zu lassen. Gegen parlamentarische Grundsätze (und den Entwurf der Geschäftsordnung) wurde nach längerer Diskussion auch eine Nicht-Synodale in die Kommission gewählt, der kandidierende Thurgauer Synodale jedoch nicht.

Die Ratsmitglieder (vorn) und das Synodepräsidium am 13. September 2020 in Bern.

Kein Fest, kein Einsetzungsgottesdienst
Gemäss Planung hätte die Juni-Synode im Wallis stattfinden sollen, nach einer Feier zum hundertjährigen Bestehen des Kirchenbunds. Wegen der Seuche fiel das Fest aus; für die neu bestellte nationale Synode, in der die grossen Kirchen mehr Gewicht haben, fand im Juni auch kein Einsetzungsgottesdienst statt. Er wurde im September nachgeholt. In der Versammlung verglich Ratsmitglied Pierre-Philippe Blaser das Geschehen mit einer Sonnenfinsternis am heiterhellen Tag. Auf Antrag des Zürcher Kirchenratspräsidenten Michel Müller, der Lochers Wiederwahl 2018 bekämpft hatte, wurde die Rechnung 2019 an den Versammlungen nicht abgenommen.

Frauen an die Hebel
Einen wohltuenden Kontrapunkt setzte die Waadtländer Synodalratspräsidentin Marie-Claude Ischer, indem sie den Vorsitz der Untersuchungskommission übernahm; ausser ihr mochte kein Romand mittun. Die fünf verbleibenden Ratsmitglieder machten sich auf, die anstehenden Vorhaben – namentlich die Fusion der Hilfswerke HEKS und BFA – zu bewältigen.

Während acht Monaten arbeitete der Rat unter Leitung der beiden nebenamtlichen Vizepräsidenten Esther Gaillard und Daniel Reuter. Schlagzeilen machte die Ersatzwahl in den Rat: Am 2. November wurde Rita Famos als neue Präsidentin gewählt; mit ihr nimmt die Berner Methodistin Claudia Haslebacher Einsitz.

Aufgrund der Überlastung musste auch die dreiköpfige Leitung der Synode neu bestellt werden – die designierten Vizepräsidenten verzichteten. Evelyn Borer, SO, wird im neuen Jahr den Vorsitz führen; ihr stehen Catherine Berger-Meier, AG, und Christian Miaz, NE, zur Seite. Somit stellen Frauen neu die Mehrheit im Rat wie im Synodepräsidium. Am Ende des ersten Jahres hat die nationale Synode ihre Geschäftsordnung noch nicht verabschiedet; die zweite Lesung steht aus. Für das Finanzreglement der EKS wird bei den Mitgliedkirchen erst eine Vernehmlassung durchgeführt.

Forderte Transparenz: Christoph Weber-Berg.

Gravierender ist, dass die Arbeitsweise und die Handlungsfelder der EKS in der Schwebe bleiben; ihre Beratung wurde 2019 und nochmals 2020 auf Antrag von Christoph Weber-Berg («Wir können nicht über die Handlungsfelder diskutieren, solange die Handlungsfähigkeit der EKS in Frage gestellt ist») von der Traktandenliste abgesetzt. Sie in die Synode einzubringen, ist nun Rita Famos übertragen.

Ratspräsidentin aus der Zürcher Kirche
Die 54jährige Pfarrerin aus der Zürcher Kirche stellte sich im Oktober den Synodalen in regionalen Anhörungen, die für sie und die welsche Mitbewerberin Isabelle Graesslé durchgeführt wurden, nicht theologisch-pointiert und visionär, sondern pragmatisch als «fröhliche Macherin» vor. Famos, in der Deutschschweiz gut vernetzt, will das Anstehende in Abstimmung mit den kantonalen Kirchenpräsidenten anpacken.

Die reformierte Vielfalt wertschätzen: Rita Famos Ende Oktober vor Ostschweizer Synodalen.

Diese haben sich im Zuge der Verfassungsrevision eine stärkere Stellung verschafft. In der Romandie wird Famos die dortigen Frustrationen über die Nichtwahl Graesslés zu dämpfen haben.

Die Verfassung der EKS gibt auch der nationalen Synode auf, den Schweizer Reformierten geistliche Impulse zu vermitteln – was gemäss der ersten Vorlage von 2014 dem Ratspräsidenten im Besonderen obgelegen hätte. Wie die Abgeordneten der 25 Mitgliedkirchen – die Eglise Evangélique Libre de Genève ist aufs Jahresende ausgetreten – diesem Auftrag nachkommen werden, wie sie für die nationale reformierte Gemeinschaft Verantwortung übernehmen, ist angesichts der Uneinigkeit noch nicht zu erkennen.

Vorbestehende Gräben
Das Ja der SEK-Abgeordneten zur «Ehe für alle» im November 2019 hatte bereits tiefe Gräben offenbart. Die Mehrheit ging über schwere Bedenken der theologisch konservativen Minderheit hinweg. Dass 2020 führende Vertreter des Schweizer Protestantismus nicht bloss Gottfried Locher an den Karren fuhren, sondern auch die Arbeit des Rats in seiner Amtszeit in Frage stellten, hat den Reformierten in der Öffentlichkeit geschadet.

Locher, der gern öffentlich aufgetreten war, um, wie er sagte, die Glaubwürdigkeit der Kirche zu fördern, tauchte ab. Er verweigerte sich einer Verabschiedung in der Synode; in einem Weltwoche-Interview im Oktober zur Konzern-Initiative tat er kund, die «reformierte Classe ecclésiastique» habe bloss institutionell vollzogen, was allen klar gewesen sei: dass er nicht zu ihr gehört habe. Auch wenn die laufende Untersuchung durch die von einem Zürcher Anwaltsbüro unterstützte Kommission Ischer Klärung über das Vorgefallene bringt, bleibt abzuwarten, ob sie eine Grundlage für neues Vertrauen und Glaubwürdigkeit schafft.
 

Im Corona-Sturm
Die – hier nur grob skizzierten – internen Vorgänge erschwerten es den Reformierten, in der Pandemie auf nationaler Ebene Kirche zu sein, Präsenz zu zeigen. Ein kluges Papier von EKS-Theologen «Ansteckungen» konnte das Fehlen von geistlicher Leitung, von Tröstung und Wegweisung – inklusive Stellungnahmen zu den säkularen Bewältigungsversuchen im Sinne des gern reklamierten «prophetischen Wächteramts» – nicht überdecken. Im zunehmend disharmonischen Gewirr warnender und verharmlosender Stimmen blieb die EKS nach einem ökumenisch vereinbarten Aufruf zu Karfreitag weitgehend stumm.

Erfolgreich koordinierte die EKS-Geschäftsstelle den kirchlichen Krisenstab, der aus Vertretern der kantonalen Kirchen besteht, und stellte den Kontakt zu den Bundesbehörden sicher. Die kantonalen Kirchenleitungen, mit der EKS im engen Kontakt, konzentrierten sich darauf, Weisungen des Bundes umzusetzen, ihre Mitarbeitenden zu unterstützen und online Hilfen zu geben. Die Basler Kirche hob sich im Frühjahr mit täglichen Online-Besinnungen ihrer Pfarrschaft ab.

Hilfe vor Ort gefragt
Der vom Bundesrat angeordnete Lockdown – das temporäre Gottesdienstverbot war für alle im Land das erste – machte wieder deutlich, dass der kirchliche Auftrag in wesentlichen Teilen von lokalen Gemeinden mit Helfern und SeelsorgerInnen vor Ort zu erfüllen ist. Die Tatkraft und Kreativität von kirchlichen Angestellten und Freiwilligen – online, mit kleinen Feiern, mit Briefen und Besuchen, Einkäufen und anderen Diensten – machte manche Kirchgemeinden zu Foren des Lebenswillens, zu Horten von Humanität und Hoffnung. Vereinzelt proklamierten Teams die Osterbotschaft in den Quartieren.

Schöner rot als die Abschrankungen im Lockdown: Mohn am Jakobweg in der Waadt.

Leider hatten die behördlichen Besuchsbeschränkungen für Heime im Frühjahr für manche Bewohnerinnen und Bewohner gravierende, ja tödliche Folgen. In der Einsamkeit kam ihnen der Rest an Lebenskraft abhanden. Die Isolation – von Ärzten und Pflegeleitern bald als schwerer Fehler bezeichnet – wurde von reformierten Kirchenleitungen nicht öffentlich kritisiert, so weit dies der Schreibende wahrnehmen konnte.

Genfer Gottesdienstverbot ausgesetzt
Die zweite Welle traf die Kirchen besser vorbereitet; ihre Wucht, das Zögern des Bundesrates und die Höhe der Opferzahlen warfen zusätzliche Fragen auf. Der Brückenkanton Bern untersagte im Oktober Treffen von mehr als 15 Personen generell – ohne Gottesdienste auszunehmen (bis zum Erlass der landesweiten Limite von 50 Personen am 11. Dezember). Der Berner Synodalrat kritisierte die starke Einschränkung des kirchlichen Lebens und wünschte, dass die Grösse der kirchlichen Räume berücksichtigt würde.

Im Kanton Genf, wo Kirche und Staat getrennt sind, erwirkten Privatpersonen am 3. Dezember beim Verfassungsgericht die Aussetzung des Verbots von Gottesdiensten, welches die Regierung am 1. November angeordnet und einen Monat später (trotz gesunkenen Ansteckungszahlen) bestätigt hatte. Das Gericht beurteilte das Verbot als «möglicherweise schweren Eingriff in die Religionsfreiheit», weil es einen beinahe absoluten Charakter habe.

In Genf.

Der gesundheitliche Nutzen müsse in einem angemessenen Verhältnis zur Einschränkung stehen, zumal nicht erwiesen sei, dass Gottesdiensträume Ansteckungsherde seien. Die Behörden wurden angehalten, neue angemessene Schutzmassnahmen zu definieren. Die Genfer Kirchen hatten sich zuvor erfolglos an die Regierung gewandt, weil sie nirgends erwähnt wurden, als diese am 25. November die Schutzmassnahmen für andere Gesellschaftsbereiche erleichterte.

Stillere Nacht – freikirchlicher Widerstand
In einem Brief an den Bundesrat setzte sich die EKS Anfang Dezember zusammen mit der Bischofskonferenz und den Christkatholiken für Weihnachtsgottesdienste ein. Das harsche, angesichts des Rangs der Religionsfreiheit unverhältnismässige Total-Verbot des Gemeindegesangs – nur Profi-Sänger/innen waren erlaubt – stellten die Kirchen in Frage; sie baten, eine Lockerung zu prüfen – vergeblich. (Die Leiter des Freikirchenverbands blieben bei der im Oktober mit dem BAG vereinbarten Regelung, dass Lobpreisbands mit genügend Abstand zu den Versammelten singen können.)

Vom Genfer Urteil offensichtlich nicht bewegt, legte der Zürcher Kirchenrat in der Weihnachtszeit den Kirchgemeinde-Verantwortlichen nahe, ein Aussetzen der Gottesdienste im Januar zu prüfen. Der Berner Synodalrat hatte im Oktober die Kirchgemeinden ermutigt, die «vorhandenen Spielräume unter Einhaltung der Schutzmassnahmen zu nutzen. Dass Gottesdienste nicht wie bisher gefeiert werden können, muss nicht bedeuten, dass sie erneut bis auf Weiteres abgesagt werden müssen».

Weihnachtskrippe in Bäretswil ZH.

Wenn das Virus hierzulande alles gemeinschaftliche Leben angriff, hat es besonders die reformierten Kirchgemeinden getroffen, deren Predigt-zentrierte Gottesdienste seit Jahren weniger Besucher verzeichnen. Digitale Aktivitäten haben viel Positives, aber nicht nur: Bei attraktiven Livestreams können Fernstehende teilnehmen; andererseits gewöhnen sich Gottesdienstbesucher, potentielle wie langjährige, ans Sofa daheim.
 

Im Abstimmungskampf dissonant
Während der Beitrag der Kirchen zur Bewältigung von Corona in den Medien punktuell wahrgenommen wurde, kamen sie im Abstimmungskampf zur Konzernverantwortungs-Initiative prominent vor. Die kirchlichen Hilfswerke gehörten zu den Initianten. Der Rat des Kirchenbunds hatte 2019, als im Bundeshaus kein «griffiger» Gegenvorschlag zustande kam, seine Unterstützung erklärt.

Viele kantonale Kirchenleitungen sprachen sich für die Initiative aus. Der Berner Synodalrat schloss sich der Plattform an; der Aargauer Kirchenrat wurde per Synodebeschluss daran gehindert; der Zürcher Kirchenrat blieb ihr fern; seine Kirchenrätin Katharina Kull wie auch der Glarner Kirchenratspräsident Ulrich Knoepfel, Ratsmitglied der EKS, votierten dagegen und bildeten mit anderen ein Komitee.

Im Sommer titelte «reformiert.», die Kirchen stünden vor einem heissen Herbst. Orange Initiativfahnen an Kirchtürmen und Kirchgemeindehäusern gaben zu reden und irritierten. Den Linksparteien nahestehende, sozial und ökologisch engagierte Reformierte warben auf allen Kanälen für die neue, weitgehende Verfassungsbestimmung.

Vor und nach der Abstimmung am 29. November – die Initiative erhielt 50,7 Prozent Ja-Stimmen, aber scheiterte am Ständemehr – hatten «die Kirchen» viel Kritik einzustecken. Politiker verschiedener Parteien reichten in mehreren Kantonen Vorstösse zur Abschaffung der Unternehmenssteuer ein. Der freisinnige Zürcher Ständerat Ruedi Noser forderte Änderungen bei der Steuerbefreiung von gemeinnützigen Organisationen.

Aussenminister Ignazio Cassis teilte den kirchlichen Hilfswerken in einem Brief mit, dass sie DEZA-Gelder künftig nicht mehr für Informations- und Bildungsarbeit im Inland verwenden dürfen.

Wenn Christen – und erst recht Kirchgemeinden und Kantonalkirchen – sich politisch derart engagieren und ihr Engagement gegensätzlich ausfällt, wird dessen religiöse Grundlage hinterfragt. In einem NZZ-Gespräch sagte Rita Famos, die Relevanz der Kirche hange davon ab, «wie wir unsere Positionen in den gesellschaftlichen Diskurs einbringen». Bischof Felix Gmür setzte dagegen, die Kirche sei «eine Gemeinschaft von Menschen, die an das ewige Leben dank Jesus Christus glauben. Wir sind nicht gesellschafts-, sondern heilsrelevant, lebensrelevant».
 

Andere Ereignisse
Die Vereinigung der Hilfswerke HEKS und Brot für alle wurde von den Verantwortlichen der beiden Stiftungen vorangetrieben. Die Synode der EKS billigte ihr Vorgehen, wobei anhaltend Fragen zum künftigen (aufgrund des Schweizer Stiftungsrechts kleinen) Einfluss der Kirchen auf das Werk gestellt wurden.

In der Armeeseelsorge können nach Abschluss eines Vertrags mit dem Verband Freikirchen.ch neu auch Freikirchenpastoren mitwirken.

SRF gab Anfang Oktober bekannt, dass die Radiosendungen «Blickpunkt Religion» und «Zwischenhalt» gestrichen werden. Das Fachwissen der Religionsredaktion solle in bestehende Informationssendungen sowie die Entwicklung neuer Angebote fliessen. Ab 2022 wird am Sonntagmorgen nur noch eine Radiopredigt gesendet.

Die Synode der Reformierten Kirchen Bern-Jura-Solothurn wählte Judith Pörksen Roder zur Präsidentin des Synodalrats. Die Pfarrerin ist die erste Frau an der Spitze der grössten Landeskirche.

Die vom Volk beschlossene Unternehmenssteuerreform, der wirtschaftliche Einbruch durch Corona und die abnehmenden Mitgliederzahlen verstärken den Spardruck. In Bern beschloss die Synode für die nächsten vier Jahre ein nachhaltiges Sparprogramm; auch die Aargauer Kirche spart; in Zürich wurde ein Sparantrag abgelehnt. Die St. Galler Kirche baut ihre zentralen Dienste aus. In den meisten kleineren Zürcher Kirchgemeinden sanken mit Beginn der neuen Amtszeit im Juli aufgrund der neuen kantonalkirchlichen Regelung die Stellenprozente des Pfarramts.

Die Thurgauer Landeskirchen feierten ihr 150jähriges Bestehen. Sie boten aus dem Anlass kantonsweit den neuen ökumenischen Glaubenskurs «himmelwärts» an.

Zum Bedauern der Kirchen hat die St. Galler Regierung entschieden, dass das Schulfach «Ethik, Religion und Gesellschaft» ab Sommer 2021 ohne kirchliche Beteiligung erteilt wird. Nach Einführung des Lehrplans 21 konnten Schülerinnen und Schüler während drei Jahren zwischen ERG Schule und ERG Kirchen wählen.

Die St. Galler Synode verschob wegen Corona den Entscheid über eine Verfassungsrevision; die Aargauer Synode wird erst 2021 über Änderungen betreffend Gottesdienst und Taufe sprechen.

Ausufernde Diskussionen um das Leitungsmodell der Eglise Protestante de Genève führten im Juni zum Rücktritt von fünf Mitgliedern des Conseil du Consistoire, darunter des Präsidenten Emanuel Fuchs. «La question de l’autorité dans une Eglise réformée est toujours sensible», schrieb darauf Joëlle Walther, die dem Consistoire vorsteht. An die Stelle von Fuchs wählte dieses für den Rest der Amtszeit Georges Bolay. Im Dezember wurden sechs weitere Mitglieder in den Conseil gewählt.

Die Staatsunabhängige Theologische Hochschule STH Basel feierte im September ihr 50jähriges Bestehen.

Die Kirchenpflege der Kirchgemeinde der Stadt Zürich, an Neujahr 2019 mit über 80'000 Mitgliedern gestartet, formulierte ihre Stossrichtung in fünf Leitsätzen. Vier Pfarrpersonen vertreten die 65köpfige Pfarrschaft in den Sitzungen der Kirchenpflege. Die Winterthurer Reformierten lehnten eine Fusion ihrer Kirchgemeinden ab, während im Säuliamt neun Gemeinden sich zu vereinigen beschlossen.

Das Bundesamt für Statistik hat in einer 2019 durchgeführten Erhebung einen beschleunigten Wandel der Religionslandschaft konstatiert. Der Anteil der Reformierten an der Schweizer Bevölkerung hat sich in 50 Jahren mehr als halbiert – von 49 auf 23 Prozent. 28 Prozent der Befragten über 15 Jahren zählten sich zu keiner Religion; bei den Kindern unter 15 Jahren ist es fast ein Drittel. Gaben 2014 46 Prozent an, an einen einzigen Gott zu glauben, waren es fünf Jahre später noch 40 Prozent. Ein Viertel der Bevölkerung glaubt an eine höhere Macht. Ähnlich viele Schweizerinnen und Schweizer übten eine spirituelle Bewegungs- oder Atmungstechnik aus.