Werte und Sinn: Ansätze zu einer christlichen Pädagogik

Daniel Kummer. Pädagogik setzt sich (nach Schleiermacher) damit auseinander, wie die ältere Generation die jüngere ins Leben einführen und begleiten kann. In der Pädagogik geht es, im Unterschied zur Erziehung, vorwiegend um die institutionelle Erziehung und Bildung, wie sie z. B. in der Schule stattfindet.

Wer einführt, tut dies, indem er zwischen wesentlichen und unwesentlichen Inhalten unterscheidet und entsprechend auswählt oder auch fern hält. Dieser Prozess ist in einer wertpluralen Gesellschaft grundsätzlich konflikthaft, weil es in Bildungsfragen eigentlich keine Neutralität, sondern nur Fairness in der Darstellung geben kann. Wertneutrale Bildung ist, wie Hentig aufzeigt, ein Selbstwiderspruch, da Bildung immer zu Verbindlichkeit hinführen und gerade nicht alles offen lassen will. Dieser Umstand hat dazu geführt, dass in den nordeuropäischen Ländern institutionelle Bildung immer mit Wahlmöglichkeit verbunden wurde. Ausdruck davon ist ein Privatschulangebot, das in den meisten Ländern Nordeuropas vom Staat finanziert oder zumindest subventioniert wird.

Zulauf zu Privatschulen in Deutschland
Dass dies mehr als ein 'frommer Wunsch' ist, zeigt sich daran, dass z. B. sowohl in den Niederlanden, als auch in Deutschland, das Privatschulangebot intensiv genutzt wird. In der Richtung haben auch Menschen, die sich einer Pädagogik in christlicher Verantwortung verpflichtet sehen, immer wieder argumentiert. Sie stellen das Einführen und Begleiten der nachwachsenden Generation in einen Rahmen, der den Menschen zu seinen Mitmenschen, der Schöpfung und Gott in Beziehung und Verbundenheit bringen will. Es geht darum, in entsprechender Verantwortung vor Gott entscheiden und handeln zu lernen. Das wirkt sich, z. B. im schulischen Kontext, bis auf die Ebene der Tagesgestaltung, der Auswahl der Lerninhalte und Werte, aber auch auf das versöhnte zwischenmenschliche Miteinander aus.

„Öffentliche Schule im christlichen Geist“
In den letzten Jahren ist aber die Bedeutung der Wertunterschiede von verschiedener Seite heruntergespielt worden. Begründet wurde es so, dass Bildung doch neutral sein müsse und es um die Vermittlung von 'Fakten' gehe. Diese Linie wurde bei der Einführung des Faches 'Religion und Kultur' im Kanton Zürich sogar so vertreten, dass keine Möglichkeit zur Dispensation vorgesehen ist.

Emil Brunner hat diese Problematik bereits in den 50er-Jahren angesprochen: "Wenn man dem christlichen Volke die christliche Schule nimmt, nimmt man der christlichen Gemeinde einen guten Teil ihrer Freiheit. Ein in seiner Mehrheit christliches Volk muss auch die Möglichkeit haben, seine öffentliche Schule im christlichen Geist aufzubauen und zu führen. So müsste das christliche Volk anerkennen, dass nicht nur die Schule, sondern auch die Kirche in Gefahr ist und sich zur Gegenwehr zusammenraffen. Es bleibt dann nichts anderes übrig als die entschlossene Abkehr von der staatlichen Schule und der möglichst umfassende Ausbau einer freien christlichen Schule; denn neben einer entchristlichten Schule kann auf die Dauer die christliche Gemeinde nicht bestehen" (Emil Brunner).

Das Wie und das Wozu
Insofern braucht eine Pädagogik in christlicher Verantwortung einen Freiraum in dem christliche Werthaltungen und Inhalte denen weitergegeben werden können, die dies wollen. Wie der Blick nach Deutschland zeigt, wünschen viele Eltern für ihre Kinder die Vermittlung christlicher Wertüberzeugungen und Rituale. Dies kann aber an einer 'neutralisierten' Staatsschule nicht mehr geboten werden. Dass diese Privatschulen in christlicher Trägerschaft, wie andere Privatschulen auch, finanziell unterstützt werden sollen, liegt auf der Hand, weil es nicht einsichtig ist, weshalb private Leistungserbringer gegenüber staatlichen prinzipiell benachteiligt werden sollten.

Letztlich geht es auch darum, wie in der Bildung eine Hoffnungsperspektive vermittelt werden kann, die das Wissen in einen Bedeutungskontext stellt. Nach Viktor Frankl erträgt nur der jedes 'Wie', der ein 'Wozu' im Leben gefunden hat. Vom christlichen Glauben her kann eine gemeinsame menschlich-geistliche Zugehörigkeit gelebt werden. Dies ermöglicht Hoffnung und Vertrauen trotz der Ungewissheit und Gefährdetheit allen Lebens in der Zukunft.

Literatur:
E. Brunner: Grossratsprotokolle des Kantons Bern von 1951, S. 81f
V.E. Frankl: Logotherapie und Existenzanalyse, Beltz 2002
H. Hentig: Ach, die Werte! Beltz 2001
F.D.E. Schleiermacher: Gedanken zu einer Theorie der Erziehung: Vorlesungen aus dem Jahre 1826.

 

Kinder lassen sich in die Welt der Bibel einführen.