«Kirche braucht einen Ofen der Gemeinschaft»

„Eine evangelische Kirche hat vom Evangelium auszugehen und zum Evangelium zurückzukehren.“ Kirchenratspräsident Lukas Kundert schilderte dem LKF am 8. November 2008 die Basler Kampagne credo 08, welche Volkskirche im urbanen Umfeld neu positioniert. Gellert-Pfarrer Roger Rohner (Bild) nannte Mission ein „biblisches Muss auch für landeskirchliche Gemeinden“. Mit denen, die glauben und von Christus ergriffen sind, sei Gemeinschaft zu gestalten; in dieser wüchsen Dienste zum Wohl des Quartiers und der Stadt. Am Nachmittag stellten sich neun Kommunitäten und Bewegungen vor.

Die Evangelisch-reformierte Kirche (ERK) Basel-Stadt setzt seit 2007 Schwerpunkte und vergibt angesichts schrumpfender Gemeinden ihre beschränkten Mittel nicht mehr gemäss Mitgliederzahl. Wie Lukas Kundert ausführte, fördert sie profilierte Arbeit und stärkt Gemeinden nach dem Grundsatz „Die Kirche wirkt missionarisch zuerst, indem ihre Gemeinschaft attraktiv ist“.

„Wir glauben, darum handeln wir“

Kundert schilderte den 100 Tagungsteilnehmenden Hintergründe für die dramatische Entwicklung der letzten Jahrzehnte. (Heute sind 10 Prozent der Basler Reformierten gemeindeorientierte Mitglieder; 30 Prozent haben sporadisch Kontakt zur Kirche.) Er betonte, dass die Kirche ihre Begründung nicht in ihrem Handeln hat, sondern im Evangelium. Es kommt darauf an, wie sie diese Botschaft vermittelt: „Können wir den Leuten sagen, woran zu glauben sich lohnt?“

Die Überlegungen zur volkskirchlichen Evangelisation in der Stadt haben zur vierteiligen Kampagne credo 08 geführt, die seit September 2008 läuft. Im Advent startete das credo-Trämli, „des Baslers liebstes Kind“, das ein Jahr unterwegs ist. „In ihm versuchen wir mit der Bevölkerung ins Gespräch zu kommen: Wir glauben, darum handeln wir.“ Laut Kundert schärft die Kirche ihr Profil, indem die Kirchgemeinden ihre ‚besten Bibel-Geschichten’ in der Öffentlichkeit erzählen, sich zu Themen des Glaubens vernehmen lassen und Antworten geben. Der Mehrheit der Mitglieder vermittelt die Kampagne, „dass es richtig ist, zur ERK zu gehören“ – und die Kirche lädt auch zum (Wieder-)Eintritt ein.

Botschafter mit Leidenschaft

Die Gellertkirche der Basler Münstergemeinde trägt seit den 1970er Jahren das Evangelium an die Menschen im Quartier heran. Ihr Pfarrer Roger Rohner bezeichnete an der Tagung Mission als „biblisches Muss auch für landeskirchliche Gemeinden“. Er zitierte Martin Luther: „Gottes Wort kann nicht ohne Gottes Volk sein.“ Mit denen, die glauben und von Christus ergriffen sind, ist Gemeinschaft zu gestalten; in dieser wachsen Dienste zum Wohl des Quartiers und der Stadt.

Tragend für diesen Aufbruch ist laut Rohner „Leidenschaft für den dreieinigen Gott“. Christen hätten nicht nur eine Botschaft, sie seien Botschafter an der Stelle von Christus. Es gehe darum, die Kraft der Gemeinschaft der Gläubigen freizusetzen und Orte zu schaffen, wo „Menschen begeistert miteinander feiern und aneinander Anteil nehmen“. Dabei bleibt die reformierte Gellert-Gemeinde offen: „Eine Kirche braucht einen inneren Ofen der Gemeinschaft, wo Suchende und Aussenstehende Wärme erleben können, auch wenn sie nicht gleich dazugehören möchten.“

Der Reichtum der Kommunitäten…

Am Nachmittag stellten sich neun Gemeinschaften, Diakonissen- und Gebetshäuser vor. Ihre VertreterInnen erläuterten, wie sie in die Kirchen hineinwirken und was sie von ihnen erwarten. Sr. Marianne Bernhard schilderte die Verbindlichkeit der kleinen Evangelischen Schwesternschaft Saronsbund Uznach (gegründet 1982). „Wir wollen in der reformierten Landeskirche leben, selbständig, aber in ihr und für sie – sie liegt uns am Herzen.“ Eine Schwester sucht im Zürcher Kreis 4 Randständige auf.

Die Communität El Roi führt in Kleinbasel ein Haus des Gebets und der Stille. Zu den vier täglichen Gebeten sind Aussenstehende eingeladen; fünf Gästezimmer stehen Stille Suchenden offen. Eine junge Frau wird als Novizin aufgenommen. Sr. Annekäthi Kachel betonte: „Wir brauchen uns gegenseitig, Kirchen und Kommunitäten. Wir möchten auch hineingeben, auch AmtsträgerInnen stärken.“

… wird zu wenig aufgenommen

Sr. Emmi Scherer, die ehemalige Oberin des Diakoniewerks Neumünster, unterstrich, dass das Gebet die Diakonie durchwirkt: „Es ist uns eine heilige Aufgabe, zu beten, zu danken und Gott zu loben. Wir können das auch noch als Ältere tun.“ Die Oberin der Berner Diakonissen Lydia Schranz wies auf die Palliativstation hin und sagte, dass das Diakonissenhaus für die Kirchen der Stadt ein Zeichen von Gottes Liebe sein will. Sie träumt von einem Stadtkloster. Laut Sr. Marianne …. von Wildberg ist es Zeit, dass die Kommunitäten als andere Form von reformierter Kirche anerkannt werden.

Das Landeskirchen-Forum will die geistliche Kraft und Erfahrung der Kommunitäten für die reformierten Kirchen fruchtbar machen. Sie tragen als Gebetspartner die Arbeit des LKF mit. Im abschliessenden Podium wurde gewünscht, dass ihre geistliche Kompetenz, mit der ganzheitlichen Sorge um Menschen, vermehrt in die Kirchgemeinden zurückfliesst und von den Landeskirchen wahrgenommen wird. Die Tagung endete mit der Frage, ob die Kirche als Ganzes mehr kommunitären Charakter annehmen sollte: „Welche heiligen Kühe müssen wir aufgeben, damit wir Jesus als Kirche ähnlicher werden?“

Lukas Kundert: Volkskirchlich evangelisieren in der Stadt