Geri Keller gestorben

Für Christen aus verschiedenen Kirchen wurde Geri Keller
zum geistlichen Vater. Er richtete viele auf, wies den Weg,
ermutigte und segnete und forderte heraus, in der Nähe
von Gott, dem Vater, zu leben. Am 23. April ist der Pionier
im 92. Lebensjahr gestorben.
Der Pfarrer und Autor
Dr. Hansjörg Kägi war während Jahrzehnten mit
Geri Keller befreundet. Hier seine Würdigung.

Kürzlich, bei einem Treffen von Freunden, fragten wir Geri über seine Sicht der Reformierten Kirche. «Ich liebe diese Kirche», sagte er, «sie ist wie der Vorhof des Reiches Gottes. In ihr erfahren die Menschen Gottes Güte und Zuwendung; das trägt sie ins Gottesreich hinein.» Alle anderen Aspekte waren dadurch geordnet, erhoffte Antworten blieben aus, wir wussten plötzlich: Das ist es –  unsere Kirche zu lieben, die Leute in ihr zu lieben. Das allein wird unseren Gott verherrlichen und unsere Ortsgemeinden gesellschaftsrelevant machen.

Wie konnte Geri nur so fokussiert sein? Wie konnte er so klar, derart offen und immer, ja wirklich immer bei der Liebe, bei wirklicher Liebe verharren? Und dies in allen Situationen, Umständen, bei jeder Gelegenheit? – Vor ziemlich genau dreissig Jahren sass ich erstmals bei Geri zuhause. Da gab es zuerst ein vorzügliches Stück Kuchen mit gutem Kaffee, ich glaube den brachte seine Lilo herein, alles auf gediegenem Geschirr und mit schönem Besteck, und er liess mich auf einem edlen Sessel sitzen. So gehöre es sich für Kirchenfürsten, womit er seine tiefe Wertschätzung auszudrücken pflegte.

Und dann kam das Gespräch. Ich hatte um Seelsorge gebeten. Geri hörte zu, blieb still, hörte noch mehr zu, sagte nichts. Ich hätte viel darum gegeben, dass er sich eingeschaltet hätte, mir Dinge geraten und mir vielleicht notwendige Tips gegeben hätte. Wo war er denn in diesem und vielen folgenden Gesprächen?

Könnte es sein, dass Geri während eines solchen Gesprächs, überhaupt an allen Orten und zu den meisten Zeiten seines Lebens, schlicht bei Gott verweilte? Hier, bei Jesus Christus, wo Friede, Liebe, Aufmerksamkeit, Annahme, Güte, Klarheit, wirkliche Wahrheit sich entfalten. Darum betete er stets aus ganzem Herzen. Hier war Geri wohl am liebsten, gerade in der direkten Begegnung, wie aber auch während Konferenzen und ganz alltäglichen Begebenheiten, die ihm so wichtig waren wie ein Gottesdienst. Deshalb, so vermute ich, war er derart gegenwärtig, keine ablenkenden Gedanken, Emotionen, Reaktionen, einfach bei und in Jesus und zugleich mit seinen Mitmenschen.

An einem Anlass der Stiftung Schleife, 2009.

Ich brauchte recht lange, bis ich dies erkannte, und bin immer noch dran, es mit allen meinen Sinnen zu ergreifen. Einmal, es war am Ende eines Theologentreffens am Zürichsee, ich war von Zermatt angereist mit vielen ungelösten, offenen und quälenden Fragen in mir, da standen wir noch zusammen, ein paar Freunde mit Verbindung zur Schleife.

Da tat Geri etwas, das mich berührte. Er nahm das Namenschild auf meiner Brust weg und heftete es sich an sein Herz. Sofort wusste ich: er hat meine Not erkannt und nimmt meinen Weg auf sein Herz. Unglaublich, es war für mich tief tröstend. Und wie vieler Menschen Wege hat Geri doch auf sein Herz genommen! Dazu die ganze Kirche. Gibt es etwas Besseres, frage ich mich, jetzt noch dringlicher beim Abschied von Geri, gibt es etwas Zentraleres für den Leib Jesu, aus Juden, Arabern und Menschen aller Nationen, als diesen Weg zu gehen aus der Tiefe unserer Herzen?

Ich kam nie dazu, an Geris ganz persönlicher Liebe zu zweifeln. Das war klar! Einen Herzensfreund in ihm zu haben, gehört für mich zum Kostbarsten. Weil Geri ein Herzensmensch war, verwurzelt in Gottes Person, seinem Wort und seinem Geist, hat er vieles verändert. Im Kleinen und im Grossen, in der (Frei-)Kirche wie in der Gesellschaft. Ich wünsche mir, dass Gott in unseren Tagen noch viele «Geris» formt und schenkt. Geri ist daheim. Jetzt sind wir dran, diesen Weg ewiger Liebe weiterzugehen, in und für eine Welt, die gar nicht mehr weiss noch erfährt, was wirkliche Liebe ist.

Pfr. Dr. Hansjörg Kägi-Studer

 

Auszüge aus Geri Kellers Buch «Vater» auf lkf.ch  
Geri Kellers Buch «Verstasch» auf schleife.ch