Abendmahl als Wegzehrung und als Fest

Der Tag begann mit einer berührenden liturgischen Abendmahlsfeier im Münster, geleitet von der Münsterpfarrerin Caroline Schröder Field. In einem Grusswort skizzierte der Basler Kirchenratspräsident Lukas Kundert die beiden Sakramente Taufe und Abendmahl als entscheidende Zeichen der Ökumene. Gott versöhnt im Abendmahl. Er ruft die Kirchen an einen Tisch. Kundert nannte das Abendmahl «eine Handlung, in der Gott selbst handelt und uns wandelt».

Wer in reformierten Kirchen dem Abendmahl mehr Raum geben will, muss Gründe dafür anführen. Für die Berner Pfarrerin Silvianne Bürki ist die eigentliche Frage, warum Jesus uns das Abendmahl aufgetragen hat. Antwort: Weil wir besonders in dieser Praxis und durch sie Gott erkennen. Mit Rückgriff auf Thomas von Aquin und C.S. Lewis erläuterte Bürki die Begegnung der zwei Jünger mit dem auferstandenen Christus: Sie waren mit ihm unterwegs und hörten seine «Superpredigt», aber erkannten ihn erst beim Brotbrechen in Emmaus. «Kann das Abendmahl auch für uns zum Augenöffner werden?»

Im Feiern des Abendmahls, so Bürki, «werden wir hineingenommen in eine kreisförmige Bewegung, in der wir uns gleichzeitig ausrichten und ausgerichtet werden, uns ausdrücken und geformt werden». In seiner Tiefe erschliesst sich das Abendmahl nur im Vollzug. «Die Erkenntnis Gottes im Abendmahl nimmt den Menschen ganz in Anspruch, «sie nimmt mich in liebevollen Beschlag». In diesem Sinn -– dass Gotteserkenntnis nicht von einer unbeteiligten neutralen Beobachterposition aus zu haben ist -– sollen Christen das Abendmahl als geistliche Praxis üben.

Gott «zum Essen gern haben»
Um das Verlangen nach dem Abendmahl zu mehren, brachte Prof. Ralph Kunz (im Bild mit Silvianne Bürki) in seinem Vortrag «praktisch-theologische Brocken» an den Tisch. Von Psalmworten, die die Sehnsucht nach Sättigung durch Gott ausdrücken, kam er zu Zwingli. Der Zürcher Reformator verstand das Abendmahl als Handlung zum Gedächtnis und zur Danksagung.

In der Folge sei der Zusammenhang von Sonntag und Tischgemeinschaft verloren gegangen, sagte der Zürcher Theologieprofessor. Heute zeigten die meisten Reformierten wenig Appetit und nähmen das Mahl nicht regelmässig. «Wir essen die Speisekarte und wundern uns, dass es so papierig schmeckt.»

Das Abendmahl ist dazu da, den tiefsten Hunger des Menschen zu stillen. Performance ist aber es nicht, sagte Kunz, sondern Gedächtnis, Gewahr-Werden: «Wir reden über das Wunder der Wandlung, die mit uns geschieht, die wir nicht bewerkstelligen können -– ein Verlangen, das wir erst spüren, wenn wir Gottes Verlangen nach uns spüren. Wenn wir sehen, wie er nach uns Ausschau hält.»

Etwas für den Hunger tun
Viele reformierte Gemeinden stellen sich nach Ralph Kunz «nicht darauf ein, Christus zu begegnen, wenn sie zum Abendmahl kommen». Er rief auf, der Einladung Gottes mit geistlicher Übung Folge zu leisten. «Wir müssen etwas für den Hunger tun.» Es gehe um Einübung in das gemeinsame Leben (D. Bonhoeffer). «Wie viel Kraft würden wir gewinnen, wenn wir die Mahlfeier wieder als Wegzehrung verstünden?»

An der Tagung kam das weite Feld der Gestaltung des ganzen reformierten Gottesdienstes in den Blick. Was ist im Abendmahl unverzichtbar? Und wie wird eine Liturgie für gelegentliche Besucher gestaltet? Die fünf Workshops betrachteten das Abendmahl in der Vielfalt der Orte, vom Münster über die Kirchgemeinde bis zur Kommunität, zum Hauskreis und zum Krankenbett.

Am abschliessenden Podium nahmen die Münsterpfarrerinnen von Basel und Bern teil. Ralph Kunz betonte, dass mit Brot und Wein die Einsetzungsworte, die Bitte um den Heiligen Geist und der Lobpreis das Abendmahl konstituieren. Im Blick auf die Vollendung wird es zum Freudenmahl.

Dokumente der Tagung
Caroline Schröder Field: Liturgie der Abendmahlsfeier
Lukas Kundert: Grusswort
Silvianne Bürki: Das Abendmahl als geistliche Praxis für unsere Zeit
Ralph Kunz: Aller Augen warten auf Dich Herre
Andreas Rade: Workshop Kranken- und Hausabendmahl

Weitere Texte zum Abendmahl
Luca Baschera: Das neue Leben feiern
Silvianne Bürki: Der Gegenwart Christi auf die Spur kommen
Olivier Bader: Abendmahl in der Christnacht?
Mark Edwards: Die Christen der Antike am Tisch des Herrn